Büchsenmacher Büchsenmacher: Weit weg vom Wilden Westen

Gardelegen/dpa. - Sie brach, als sein Besitzer beiGlatteis stürzte. Jetzt liegt sie bei Büchsenmachermeister Günter Weiß in Gardelegen auf der Werkbank. «In drei Wochen ist sie wiederganz», sagt der 53-Jährige, der in der Hansestadt in der Altmark einGeschäft leitet. «Albrecht Weiß», der Name seines Großvaters, stehtnoch in riesigen Buchstaben am Haus in der Altstadt. Bereits seitdrei Generationen beherbergt es eine Büchsenmacher-Werkstatt undeinen Laden für Jagdartikel. Doch die Zukunft des Familienbetriebsist ungewiss.
Die Rettung für das Gewehr liegt in einem Schrank, der fast bisunter die Decke reicht. Mehrere Dutzend Gewehrschafte, sogenannteRohlinge, bewahrt Weiß in ihm auf. Mit einem Griff hat er denpassenden aus Nussbaumholz gefunden. «Ich muss ihn jetzt anpassen,schleifen und ansetzen», sagt er. Direkt an der Werkbank hat der Mannim blauen Arbeitskittel ein anderes Jagdgewehr in eine Vorrichtunggespannt. «Hier wird ein Zielfernrohr montiert.» Überall stehenGewehre. Manche sind schnörkellos, andere reich verziert. Für Weiß,der seine Meisterprüfung in dem selten gewordenen Handwerk 1985gemacht hat, spielt das keine Rolle. «Alle Waffen schießen», sagt ermit einem verschmitzten Lächeln. «Sie kann ein Luxusartikel sein,muss aber nicht. Preislich gibt es nach oben fast keine Grenzen.»
In der Werkstatt, in der schon sein Großvater und sein Vater demBüchsenmacherhandwerk nachgingen, ist alles alt. Die Dielen derlangen Werkbank sind abgenutzt und ein Teil der Werkzeuge sindErbstücke. 1972 begann er hier seine Ausbildung. «Aus Tradition»,sagt er. Manchmal ist er ein «Knecht seines Berufs». «Ich stehe fastimmer in der Werkstatt, mache kaum Urlaub und habe meine qualitativeMesslatte sehr hoch gelegt», sagt Weiß. Seine Kundschaft kommt ausallen Teilen Deutschlands, vor allem Jäger. Ein Kunde aus Oldenburghat ihm gerade am Telefon gesagt, dass sein Gewehr zur Reparaturdieses Mal mit der Post kommt.
«Der Büchsenmacher vereint bis zu sieben weitere Berufe», sagtWeiß. «Man ist zum Beispiel auch Fernrohrmonteur und Schlossmacher.»Das liegt daran, dass eine Waffe aus unzähligen Einzelteilen wieLauf, Vorder- und Hinterschaft sowie Schloss besteht. «Wichtig istes, Feingefühl für diese individuellen Fertigkeiten zu entwickeln.»Manchmal baut Weiß eine Waffe nach Kundenwunsch komplett neu. «Dasist selten, weil es teuer ist und bis zu einem Jahr dauern kann»,sagt der begeistere Jäger, der gern mit den Dackeln «Itze» und «Max»durch die Wälder streift.
Einen Lehrling hat der 53-Jährige, der von einem Gesellen undseinen 76-jährigen Vater unterstützt wird, nicht. «Ich kannausbilden, aber ich kann keine sichere Zukunft bieten.» Die istohnehin düster genug. «Innerhalb der Familie kann ich die Werkstattnicht weitergeben», sagt der Vater zweier Töchter. «Mein Enkel isterst neun Jahre alt.» Weiß größter Wunsch ist es, über die Innungeinen Gesellen zu finden, der die Werkstatt und das Geschäft inGardelegen erhält. Dass der Büchsenmacher als Beruf aussterben wird,glaubt er nicht. «So lange es Waffen gibt, wird es auch uns geben.»
Der Landesverband der Büchsenmacherinnung für Sachsen-Anhalt,Sachsen, Thüringen, Hessen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommernhat eigenen Angaben zufolge derzeit 29 Mitgliedsbetriebe.