Braunkohle Braunkohle: Brikettproduktion in Deuben wird eingestellt

Weißenfels/ddp. - Vorbei sind die Zeiten, in denen schwere Eimer voller rußiger Heizkohle vom Keller bis in die gute Stube geschleppt wurden. Vergangen sind die Winter, in denen mit vor Kälte zitternden Händen der heimische Ofen zum Glühen gebracht wurde. Ein Griff an die Öl-, Strom- oder Gasheizung reicht aus, um es in den eigenen vier Wänden bereits in den frühen Morgenstunden kuschelig warm zu haben. Die Briketts der Marke «Rekord» aus Deuben bei Weißenfels werden da nicht mehr gebraucht. Zum Jahresende stellt die Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft (Mibrag) die Produktion ein.
Am 19. Dezember rollen ein letztes Mal Briketts vom rechteckigen Typ G 156 sowie vom runden Format H 91 vom Förderband, wie Mibrag-Vorarbeiter Jürgen Seidel erklärt. Seit 1971 ist er im Betrieb. Zwar habe er nach der Wende sein Haus auf Stromheizung umgestellt, aber gegen die angenehme Ofenwärme komme die bequeme Variante nicht an. «Schade, dass es nicht mehr weitergeht», sagt er. Ein wenig bange sei ihm. «Jeder Abbau ist doch der Anfang vom Ende», glaubt der 49-Jährige.
Er könne nur hoffen, dass der Stopp der Produktion keinen Dominoeffekt auslöst und er doch noch vor der Rente arbeitslos wird. Noch haben die Arbeiter in der Fabrik schwarze Hände und Nasen. Ruß ist überall an ihrer Kleidung. Was ihnen nichts ausmache, habe den Deubenern zu DDR-Zeiten manchmal ganz schön gestunken, berichtet Steiger Joachim Rothe. Die Einwohner der Ortschaft hätten oft über den schwarzen Dreck geschimpft, der die Luft und schließlich die Straßen und Häuser verschmutzte.
Damals zählte der Standort drei Fabriken. 5000 Menschen arbeiteten im Schichtsystem, 6000 Tonnen Briketts seien täglich produziert worden, berichtet Fred Pecher vom Mibrag-Marketing. In der DDR gab es 23 Brikettfabriken, die jährlich im Durchschnitt 20 Millionen Tonnen des Braunkohlenprodukts herstellten. Erstmalig entstanden Briketts 1858 in Ammendorf bei Halle. Als der Brennstoff richtig in Mode kam, wurde mit dem Werk «Phönix» im thüringischen Mumsdorf 1906 die erste große Brikettfabrik Mitteldeutschlands gegründet. Deuben wurde 1936 erschlossen. Dort pressten fortan 13 Dampfmaschinen die schwarzen Klötze in Form.
Mit der Wiedervereinigung, als mehr und mehr Fernwärme oder gar die eigene Heizungsanlage in Häuser und Wohnungen Einzug hielten, verschwanden nach und nach die Brikettfabriken. Deuben reduzierte sein Angebot auf 1000 Tonnen Briketts pro Tag und machte mit acht der Ur-Pressen aus Gründertagen weiter. Hohe Umweltschutzauflagen und eine eingedampfte Produktion verringerten ab den 90er Jahren die Belastung für die Umgebung. Die «Rekord»-Briketts haben seither nur noch einen Schwefelgehalt von unter einem Prozent.
Wegen ihrer guten Qualität sei die Kohle heute besonders beliebt, sagt Pecher. Natürlich spiele der Preisvorteil von 15 Prozent gegenüber den anderen beiden Herstellern in Deutschland auch eine Rolle. Neben Deuben gibt es in der Republik nur noch die Brikettfabrik der «Schwarzen Pumpe» in der brandenburgischen Lausitz und den Betrieb Frechen im Rheinland. Mit der Stilllegung der Brikettherstellung im Süden von Sachsen-Anhalt wird eine 150-jährige Tradition in der mitteldeutschen Region aufgegeben.
Vorarbeiter Seidel ist gespannt auf die neuen Aufgaben im Braunkohlentagebau Profen. Nach Angaben der Mibrag verliert niemand der 19 Arbeiter, die mit der Herstellung des schwarzen Brennstoffs betraut waren, den Arbeitsplatz. In den nächsten Jahren wolle das Unternehmen ein neues Braunkohlenfeld auf dem Gelände des ehemaligen Dorfes Schwerzau erschließen. Dort sollen die ehemaligen Brikettarbeiter zum Einsatz kommen. Am Standort Deuben wird weiter Kohlenstaub für die Zementindustrie produziert. Die Betriebshallen der Brikettfabrik bleiben vorerst erhalten.