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Brauereien Brauereien: Billig-Biere in Plastflaschen lehren Konkurrenz das Fürchten

19.07.2005, 09:24
Jörg Hemmann von der Frankfurter Brauhaus GmbH in Frankfurt (Oder) überwacht die Produktion der neuen Bier-Abfüllanlage für Plastikflaschen. (Foto: dpa)
Jörg Hemmann von der Frankfurter Brauhaus GmbH in Frankfurt (Oder) überwacht die Produktion der neuen Bier-Abfüllanlage für Plastikflaschen. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Berlin/dpa. - Schon jetzt haben dieBilligangebote einen Anteil von etwa 20 Prozent am deutschenBiermarkt, bis 2015 könnte es sogar doppelt so viel sein,prognostizieren Experten von Ernst & Young.

«Der Geiz im Supermarkt hat stark zugenommen», klagt der DeutscheBrauerbund. Die Angebote von global agierenden Braukonzernen oderLebensmitteldiscountern werden zu Preisen verkauft, die in vielenBrauereien nicht annähernd die Kosten decken. Die Zahl derBilligbieranbieter ist aber noch nicht genau auszumachen. VieleBrauereien halten sich mit Angaben dazu bedeckt und auch derBranchenverband führt keine Statistik.

Grund für den Erfolg der Billigbiere sei nicht nur diewirtschaftlich schwierige Situation, sagt Branchensprecherin BirteKleppien. Auch die Schnäppchenjagd-Mentalität spiele eine großeRolle. Die Konsumenten müssten sich nun entscheiden, ob sie nur einbilliges oder auch ein gutes Bier trinken wollen. Denn zum Biergehöre auch eine für Deutschland bestimmte Kultur mit der Vielfalt anBiergärten und -kneipen, die gepflegt werden will.

Unter den Handelsmarken Adelskrone (Penny), Grafenwalder (Lidl)oder Karlskrone (Aldi) stehen die Billigangebote in den Regalen dergroßen Lebensmitteldiscounter. Durchschnittlich kostet eine 0,5-Flasche nur halb so viel wie die traditionellen Biermarken. «DieNachfrage steigt kontinuierlich. Die allgemeine Preisorientierung derKunden ist auch beim Bier zu spüren», heißt es bei der Penny-MutterRewe. Nach Einführung des Dosenpfands Anfang vergangenen Jahres habedas Bier in der Plastikflasche Einzug erhalten. Ein SixpackAdelskrone koste bei Penny beispielsweise 1,65 Euro.

Masse statt Klasse heißt es auch bei der bayerischen BrauereiOettinger, die sich aber keineswegs als Billiganbieter verstandenwissen will. Mit 6,4 Millionen Hektolitern ist Oettinger mittlerweiledas meistgetrunkene Bier in Deutschland. In vielen Supermärktenkostet ein Kasten dieser Marke noch nicht einmal fünf Euro.

Das Rezept der Bayern: Keine Werbung, keine Zwischenhändler. AnKneipen und Hotels wird grundsätzlich nicht verkauft und damit auchdas Geld für Bierdeckel oder Leuchtreklamen gespart. Stattdessenbeliefern 180 firmeneigene Lkw täglich 10 000 Supermärkte,Tankstellen und Getränkeshops. Außer in Oettingen wird noch inGotha, Dessow, Schwerin und Mönchengladbach produziert, was auch dieTransportkosten deutlich reduziert.

Von der Konkurrenz der Billigbiere sieht sich sogar die zumOetker-Konzern gehörende Radeberger Gruppe bedroht. Bier sei zwarnicht das Sorgenkind - wie August Oetker erst vor kurzem betonte.Doch im kommenden Jahr schließt der mittlerweile größte deutscheBierabfüller in Dortmund die Brauerei Brinkhoffs. Und in Berlin stehtdie traditionsreiche Kindl nach mehr als 130 Jahren Braubetrieb vordem Aus.

Die Brauereiholding mit insgesamt 40 Kernmarken setzt dennochweiter auf ihre Premium-Produkte. «Wir haben keine Angebote, wo dieKiste für 2,99 Euro zu haben ist», sagt ein Konzernsprecher. Unterdem Dach von Radeberger gebe es mit Sternburg aus Sachsen oder Hansaim Ruhrgebiet zwar auch so genannte Preiseinstiegsbiere mit einemKastenpreis von 6 bis 10 Euro. Doch dies sei nur ein kleines Segment.

Nur an exklusive Restaurants und Hotels verkauft hingegen diekleine Essener Brauerei Stauder und macht Front gegen dieBilliganbieter. «Damit haben wir uns erfolgreich gegen denallgemeinen Abwärtsstrudel wehren können», betont Thomas Stauder,Chef des 125 Mitarbeiter zählenden Familienunternehmens. Es werdeeine konsequente Preispolitik verfolgt. «Sonderangebote sind bei unsverpönt», betont der 37-Jährige.