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Börse Börse: Aktien von ErSol aus Erfurt waren 50fach überzeichnet

30.09.2005, 12:57
Der Vorstandsvorsitzende der Erfurter ErSol Solar Energy AG, Claus Beneking, steht am Freitag (30.09.2005) vor der Börse in Frankfurt am Main am Bronzebullen, dem Symbol für den Börsenaufschwung. (Foto: dpa)
Der Vorstandsvorsitzende der Erfurter ErSol Solar Energy AG, Claus Beneking, steht am Freitag (30.09.2005) vor der Börse in Frankfurt am Main am Bronzebullen, dem Symbol für den Börsenaufschwung. (Foto: dpa) dpa

Frankfurt/Main/Erfurt/dpa. - Die Branche, die seit einigen Jahren in Deutschland im Aufwärtstrend ist, erlebt derzeit einen Boom, auch getrieben von der Angst vor steigenden Ölpreisen. Nicht von ungefähr drängen gleich mehrere Solarfirmen auf den Kurszettel.

Aktionärsschützer warnen bereits vor Übertreibungen. «Anlegersollten einen kühlen Kopf bewahren, sich die Firmen, ihr Marktsegmentdas Management genau ansehen», mahnt Reinhild Keitel vom Vorstand derSchutzgemeinschaft der Kapitalanleger zur Vorsicht. «Man muss einbisschen Sorge haben, dass die Messlatte verloren geht», fügt siehinzu, auch wenn sie das Interesse an Neuemissionen nach der langenDurststrecke verstehen kann.

Mit der ebenfalls aus Ostdeutschland stammenden Q-Cells AG(Wolfen) steht schon der nächste Debütant fest. Auch Q-Cell-Papiere,für die die Zeichnungsfrist bis 4. Oktober läuft, sind gefragt. Indieser Woche erhöhte das Unternehmen die Preisspanne auf 35 bis 38Euro. «Kein guter Stil», meint Keitel. Schließlich habe sich an denfundamentalen Daten des Unternehmens nichts geändert. Als weitereNamen der Solarbranche für Börsengänge werden Sunlive, die DresdnerSolarwatt, oder der Modulhersteller Antec Solar (Arnstadt) gehandelt.Centrosolar zog den ursprünglich für Oktober angekündigten Börsengangvor und startete bereits am Donnerstag.

Beneking findet den Andrang verständlich. «Wir sind dieEnergiequelle der Zukunft. Das wird nun auch in Finanzkreisenbemerkt.» Trotz des Börsenfiebers, dass derzeit grassiert, siehtBeneking keine Parallelen zu den Übertreibungen, die vor Jahren denNeuen Markt scheitern ließen und Anleger verprellten, die statt intragfähige Geschäftsmodelle in Visionen investiert hatten. «Wir gehenvon einer stabilen Gewinnsituation aus», sagt der ErSol-Chef.

Das Wachstum seiner Firma, der der Börsengang 117,5 Millionen Euroin die Kasse bringt, sei über Jahre durch Verträge mit Kunden undSiliziumlieferanten gesichert. Etwa die Hälfte des Umsatzes - imersten Halbjahr waren es 33,5 Millionen Euro bei einem Überschuss vonrund 1,9 Millionen Euro - erwirtschafte das Unternehmen im Ausland.Auch Q- Cells hat mehr als sonnige Versprechungen zu bieten: DerUmsatz stieg im ersten Halbjahr von 47,6 auf 116,7 Millionen Euro.Der Überschuss des Solarzellenherstellers belief sich auf 15,3Millionen Euro.

Die Unternehmensvereinigung Solarwirtschaft (Berlin) verweist aufeine stabile Entwicklung der Branche, die etwa 30 000 Menschen inDeutschland Arbeit gibt und 2005 mit einem Umsatz von 2,6 MilliardenEuro rechnet. Ihr größtes Problem sind derzeit Lieferengpässe beiSilizium, dagegen hält sich die Angst vor Änderungen bei derstaatlichen Förderung in Grenzen.

Grundlage des Solarbooms ist das Gesetz über erneuerbare Energiender rot-grünen Bundesregierung. «Wir rechnen nicht mitEinschränkungen», sagen Beneking und der Verband. Der ErSol-Vorstandsieht darin eine Anschubfinanzierung. Bereits in einigen Jahren könnedie Solarenergie dank kostengünstigerer Produktion bei steigenderKapazität, Exporten und größerer Zellen «mit dem derzeitigenNetzbezugspreis bestehen».

Für Langfristanleger birgt die Euphorie allerdings auch Gefahren:So sprang der Kurs der ErSol-Aktie vom Ausgabepreis von 42,0 Euro beider ersten Notierung auf stattliche 65,00 Euro, fiel bis zum frühenNachmittag aber auf 53,70. «Zeichnungsgewinne mitnehmen», hieß dieDevise nicht nur bei Kleinanlegern, die die Papiere perLotterieverfahren zugeteilt bekamen. «Bei der derzeitigen Flut vonSolar-Börsengängen sind viele Anleger auf des schnelle Geld aus»,glaubt ein Händler.