Bonitätsprüfung Bonitätsprüfung: Rasterfahndung bei Konsumenten

Halle/MZ. - Sind sie ein finanzkräftiger Kunde? Banken aber auch Auto-Händler und Versandunternehmen können dies innerhalb kürzester Zeit feststellen. So kann fast jeder große Automarken-Händler in wenigen Minuten feststellen, ob sein Kunde einen Autokredit bei seiner Auto-Bank erhält oder nicht.
Persönliche Daten wie Einkommen, Beruf oder Arbeitgeber werden in ein Computersystem eingegeben, welches die Daten prüft und automatisch bei der Schufa (Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditversicherungen) eine Auskunft über die Zahlungsmoral einholt. Das so genannte "Scoring" entscheidet, wer den Kredit bekommt. "Ein ganz normaler Vorgang, wie ihn jede Bank macht - wir schützen Kunden so auch vor Überschuldung", sagt eine Sprecherin der Opel-Bank GMAC.
Datenschützer und die Verbraucherzentralen sehen das Aussieben jedoch kritisch. "Die Unternehmen machen keine Aussage, welche Kriterien elektronisch geprüft werden", sagt Helga Springeneer von Bundesverband der Verbraucherzentralen. So seien auch Wohnort und Familienstand vielfach Kriterien, wie viele "Scoring-Punkte" ein Kunde erhält. "Wer in einem Stadtteil mit niedrigem Einkommen wohnt, wird schlechter eingestuft", so Springeneer. Dies fließe mit in die Zinssätze ein. Verbraucherschützer beobachten, dass durch "Scoring" die Zinsspanne von fünf bis 15 Prozent reiche.
Nach Einschätzung von Thilo Weichert, Datenschutzbeauftragter von Schleswig-Holstein, benutzen 80 Prozent aller deutschen Banken ein Scoring. Auch Versandhäuser wie Quelle oder Otto setzen auf das System. Die Zahlungsbereitschaft von Kunden wird nach Angaben des Bundesverbandes des Deutschen Versandhandels nach einem Ampelverfahren ermittelt. Bei Eingang der Bestellung wird die Kundenadresse von externen Dienstleistern geprüft. Innerhalb weniger Sekunden wird der Kunde finanziell gecheckt. Schaltet die "Ampel" auf rot, gibt es Bestellungen nur gegen Nachnahme.
In den letzten Jahren ist nach Ansicht von Verbraucherschützern eine regelrechte Kontrollindustrie entstanden. Die Schufa besitzt nach eigenen Angaben 362 Millionen Einzeldaten von 63 Millionen Personen. Jeden Tag stellen Vertragspartner der Schufa rund 200 000 Anfragen. Zu den großen der Branche gehören auch die Schober Information Group oder die Bertelsmann-Tochter Informa. Sie erstellen Kundenprofile aus Millionen von Daten zu Kaufkraft, Haushaltsgröße oder Alter. Berichten zufolge besitzen die Marktforscher bis zu 400 Einzeldaten von über 90 Prozent aller Haushalte.
"Den meisten Kunden ist nicht bewusst, wie sehr sie durchleuchtet werden. Und sie unterstützen dies sogar", meint Springeneer. Durch die Teilnahme an Gewinnspielen beispielsweise lieferten sie selbst die Informationen. Datenschützer Weichert hält "Scoring" generell für legitim, fordert jedoch eine stärkere staatliche Kontrolle.