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Bochumer Nokia-Werk angeblich hoch profitabel

30.01.2008, 17:11

Bochum/Köln/dpa. - Damit erwirtschaftete jeder der 1500 Mitarbeiter in der Produktion einen Gewinn von 90 000 Euro, berichtet das Magazin in seiner am Donnerstag erscheinenden Ausgabe. Wie «Capital» unter Bezug auf vertrauliche Dokumente weiter meldet, schaffte die deutsche Nokia GmbH mit den Standorten in Bochum, Ulm, Düsseldorf, München und Frankfurt sogar ein Betriebsergebnis nach Zinsen von 246 Millionen Euro.

Der vom Land Nordrhein-Westfalen subventionierte Standort Bochum habe «zudem eine gewaltige Summe auf der hohen Kante», schreibt das Wirtschaftsmagazin. Sie sorgte für ein Zinsergebnis, das sich in der Bilanz der Nokia GmbH mit plus 70 Millionen Euro niederschlage. Die Bochumer Werksleitung habe zudem ein Konzept entwickelt, um mit Hilfe von Investitionen in Höhe von 14 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2008 das Werk so lukrativ und effizient zu machen wie eine Nokia-Fabrik in Ungarn und das, obwohl in Deutschland je Arbeitsstunde rund 28,70 Euro anfallen, in Ungarn hingegen nur 6,90 Euro. Diese Zahlen nennt Nokia in einem zehnseitigen internen «Memorandum» über die «Betriebliche Restrukturierung der Nokia GmbH». Das Vorhaben ist auch in einem Betriebsratsprotokoll von Juli 2007 vermerkt, das dpa vorliegt.

Um die ursprünglich geplante Werksoptimierung vorzubereiten, fuhren die Manager laut «Capital» in Bochum die Investitionen im zweiten Halbjahr 2007 schon von 5,5 auf 3,3 Millionen Euro zurück. Dann seien sie plötzlich vom geplanten Kahlschlag informiert worden. Zuvor habe die Belegschaft mit Hilfe von Überstunden und Wochenendarbeit die Produktion kräftig erhöht: Statt der ursprünglich geplanten 16,3 Millionen Geräte seien von Juli bis Dezember 18,7 Millionen Handys produziert worden.

Der finnische Konzern wies die Medienangaben über hohe Betriebsgewinne in Bochum als «irreführend» zurück. Unternehmenssprecherin Arja Suominen sagte in Helsinki über den Bericht von «Capital»: «Das gibt nicht die dortige Profitabilität unter Marktgesichtspunkten wieder.»

Nokia hatte die Mitte Januar bekannt gegebene Verlagerung der Produktion aus Deutschland in das neue rumänische Werk Cluj (Siebenbürgen) mit dort deutlich niedrigeren Kosten begründet. Suominen meinte zu den von «Capital» verbreiteten Gewinnzahlen für Nokia in Bochum: «Sollten es wirklich die Zahlen aus dem Geschäftsbericht der deutschen Nokia GmbH sein, geht es dabei nur um die Gewinnberechnung für steuerliche Zwecke.» Außerdem seien diese Zahlen aber auch ein «Indiz für die generelle Profitabilität von Nokias globalen Aktivitäten».

Bei der konkreten Beurteilung der Ertragslage in Bochum «unter Marktgesichtspunkten» würden die dort sehr hohen Kosten ins Gewicht fallen. Auf die Frage nach eigenen Zahlen, die ein nach Konzernmeinung realistischeres Bild der Gewinnlage in Bochum geben könnten, meinte Suominen: «Ich werde nicht mit Zahlen kommen.»

Nokia-Mitarbeitervertreter aus ganz Europa protestierten am Mittwoch bei einem Treffen in Brüssel gegen die Schließungspläne für das Bochumer Werk. In einer gemeinsamen Erklärung forderten sie konstruktive Gespräche mit der Konzernspitze vor einer Sitzung des Nokia-Aufsichtsrates am 28. Februar.

Bei dem Treffen in Brüssel zeigte sich die Bochumer Nokia- Betriebsratschefin Gisela Achenbach trotz der gemeinsamen Erklärung enttäuscht und warf den europäischen Kollegen mangelnde Solidarität vor. Die deutschen Nokia-Beschäftigten wünschten die Unterstützung ihrer europäischen Kollegen. «Dies ist von den finnischen Kollegen nicht der Fall gewesen», sagte Achenbach. Der Generalsekretär des Europäischen Metallgewerkschaftsbundes (EMB), Peter Scherrer, sagte dagegen: «Wir waren uns in den Zielen einig und sind das auch nach wie vor.» Unterschiede gebe es vielleicht bei der Herangehensweise.

Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) hat wegen der aktuellen Krise um das Bochumer Nokia-Werk ihre Australien-Reise abgesagt. «Wir müssen uns jetzt mit aller Kraft für die Zukunft des Nokia-Standorts Bochum einsetzen», begründete sie ihre Entscheidung am Mittwoch in Düsseldorf.

Die nordrhein-westfälische Landesregierung will in der kommenden Woche entscheiden, ob sie von Nokia Fördergelder zurückfordert. Das sagte ein Ministeriumssprecher am Mittwoch. Die Landesregierung lässt derzeit prüfen, ob der finnische Handyhersteller gegen Subventionsauflagen verstoßen hat. Nach ersten Erkenntnissen hat Nokia möglicherweise nicht die vereinbarte Zahl von Dauerarbeitsplätzen geschaffen. Der Handyhersteller hatte nach Ministeriumsangeben bis Mittwochabend Zeit, Unterlagen zur tatsächlichen Zahl von Arbeitsplätzen vorzulegen.