1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Bochum: Bochum: Nokia erhielt 88 Millionen Euro Fördermittel

Bochum Bochum: Nokia erhielt 88 Millionen Euro Fördermittel

16.01.2008, 14:49

Bochum/dpa. - SPD-Chef Kurt Beck warf der Konzernleitung einehemmungslose Gewinnmaximierung vor. Arbeitnehmer würden im Stichgelassen und Steuerzahler ausgenutzt. Ökonomen forderten strengereVergaberichtlinien für Subventionen. Unternehmen müssten langfristigeStandortzusagen machen, wenn sie öffentliche Gelder annähmen.Angesichts millionenschwerer öffentlicher Förderungen warnte NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) Nokia davor, sich ein Imageals «Subventions-Heuschrecke» zu verschaffen.

«Wir werden uns damit nicht einfach abfinden, das ist noch nichtdas Ende der Debatte», sagte Rüttgers im ZDF. Er betonte, Nokia müssesich überlegen, dass das Unternehmen weiter auf dem deutschen Marktpräsent sein wolle. Es könne zu einem erheblichen Imageschadenführen, wenn in Deutschland der Eindruck entstehe, dass es sich beiNokia um so etwas wie eine «Subventions-Heuschrecke» handele, diezuerst Subventionen abgreife und dann ohne zureichende Begründungsage: «Wir gehen ab nach Rumänien» und dort vielleicht noch einmalSubventionen kassiere.

Die Europäische Kommission hat für die Verlagerung des BochumerNokia-Werks nach Rumänien nach eigenen Angaben kein Geld aus EU-Strukturfonds gezahlt. «Die Strukturfonds haben nichts mit dieserVerlagerung zu tun», versicherte eine Sprecherin der BrüsselerBehörde. Möglich sei aber, dass der Aufbau der Infrastruktur am neuenStandort der Handy-Produktion von Hilfen vor Rumäniens EU-Beitrittprofitiert habe.

Nokia will den Standort mit 2300 Beschäftigten Mitte des Jahresschließen und die Produktion nach Rumänien und Ungarn verlegen. Vonder Schließung wären auch 1000 Leiharbeiter und etwa 1000Beschäftigte von Zulieferern betroffen.

Die Bundesregierung ist zu «intensiven Gesprächen» mit Nokiabereit, sollte der Konzern seine geplante Firmenschließungüberdenken. Die Regierung stehe in ständigem Kontakt mit demUnternehmen, teilte der Parlamentarische Staatssekretär imWirtschaftsministerium, Hartmut Schauerte (CDU), in Berlin mit.Deutschland sei global wettbewerbsfähig. «Nokia ist es leideroffenbar - trotz erheblicher öffentlicher Unterstützung - nichtgelungen, dieses Potenzial zu erschließen.»

Rumänischen Medienberichten zufolge wurden im neuen Werk Jucu beiCluj bereits die ersten Handy-Prototypen produziert. Es herrschtedort große Geheimniskrämerei, hieß es. Die Massenproduktion solle inder ersten Februarwoche beginnen. Bis Ende 2007 wollte Nokia dort 500Mitarbeiter anstellen, in späteren Ausbauphasen der Fabrik solle dieZahl der Angestellten bis auf 3500 steigen. Nokia äußerte sichzunächst nicht zu den Berichten.

Aus Wut über die Schließungspläne verweigerten in Bochum amMittwoch zahlreiche Beschäftigte die Arbeit. Hunderte Gewerkschafterversperrten Ein- und Ausgänge des Werkes. Während einer Kundgebungerklärte die IG Metall, wenn nicht produziert werde, werde das Werkblockiert. Rüttgers sagte am Nachmittag vor den Beschäftigten, erhabe kein Verständnis für das Handeln der Nokia-Manager. Er glaubeauch nicht, dass die Mitarbeiter in Rumänien anständiger undflexibler arbeiteten als in Bochum.

Nach Angaben der Landesregierung hatte Nokia vom Land zwischen1995 und 1999 knapp 60 Millionen Euro Subventionen erhalten. LautRüttgers kamen bis zu 28 Millionen Euro vom Bund hinzu. Eine an dieFörderung geknüpfte Bindungsfrist zum Erhalt von 2860 Arbeitsplätzenin Bochum sei im September 2006 abgelaufen, sagteWirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU). Schon im März 2007 habeNokia dann angekündigt, ein Werk in Rumänien auszubauen. «Diezeitliche Parallelität muss schon beunruhigen», sagte sie.

Rumänien will vom Nokia-Park in Jucu bis zur Kreishauptstadt Clujein 40 km langes Autobahn-Stück bauen, für fast 500 Millionen Euro,Baubeginn sollte in diesem Jahr sein. Nokia wollte zur Errichtung derFabrik 60 Millionen Euro ausgeben, hieß es in den Medien. In «NokiaVillage» sollten sich zahlreiche Zulieferer ansiedeln.