BMW schafft 3 000 neue Stellen
Leipzig/MZ. - Die Unternehmensleitung möchte sich zu Details nicht äußern, ebenso wenig der Betriebsrat, nur so viel: Ja, man habe sich geeinigt. BMW wird bis Ende 2013 rund 3 000 Mitarbeiter fest anstellen, im selben Zeitraum werden 3 000 Leiharbeitnehmer nicht länger beschäftigt. Ob es sich bei den 3 000 neuen Stammbeschäftigten um die 3 000 alten Leiharbeiter handelt? Kein Kommentar. Im Gegenzug kommen auf die 70 000 Mann starke Stammbelegschaft in den deutschen BMW-Werken eine Reihe neuer Regelungen zu, die noch flexiblere Arbeitszeiten angesichts unsteter Märkte ermöglichen. Weitere Details? Sorry. Innerbetriebliche Vereinbarungen seien nie öffentlich kommuniziert worden, sagt ein BMW-Sprecher.
Tradition hin oder her, viele Details sind natürlich doch durchgedrungen. Es wird zwar keine 100-prozentige Übernahme der Leiharbeiter geben, darauf legt man in der Münchner Konzern-Zentrale Wert, doch selbstverständlich befinden sich unter den 3 000 neuen Kollegen etliche, die zuvor bereits den Job verrichtet haben, nur eben als Angestellte einer Zeitarbeitsfirma. Immerhin sind in deutschen BMW-Werken nach Gewerkschaftsangaben mehr als 11 000 Leiharbeiter tätig.
Das Reservoir ist groß genug, um daraus 3 000 besonders benötigte Fachkräfte auszuwählen, diese dann als Leiharbeiter zu entlassen und anschließend fest an das Unternehmen zu binden. Schlecker rückwärts, sozusagen.
Von der Regelung wird das Leipziger BMW-Werk besonders profitieren, welches den Leiharbeiter-Konflikt ins Rollen brachte. Betriebsratschef Jens Köhler verweigerte Anfang 2011 die Weiterbeschäftigung von 1 100 Leiharbeitern im Werk. Damals war ein Drittel aller Beschäftigten im Werk Leiharbeiter. Der Fall ging vor das Arbeitsgericht und landete in den Medien. "Wir haben die BMW-Führung zum Handeln bewegt", sagte Köhler gestern der MZ. Mit dem jetzigen Ergebnis sei er "sehr zufrieden". Das Leipziger Werk werde, falls sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht massiv verschlechtern, bis Ende 2013 rund 1 050 neue Arbeitsplätze schaffen. "Dies ist ein Erfolg für das Werk und die Mitarbeiter", sagte der Betriebsratschef. Er rechne damit, dass ein Großteil davon mit ehemaligen Leiharbeitern besetzt wird.
"Es war von Anfang an unser Anliegen in den Gesprächen, die Zahl der Zeitarbeiter zu reduzieren und durch fest angestellte Kräfte zu ersetzen. Das ist gelungen", sagte auch Bodo Grzonka, Sprecher der IG Metall Sachsen. Grzonka spricht von einem "wichtigen Signal, das wir gemeinsam die Umwandlung von Leiharbeit in Stammbeschäftigte erreicht haben". IG-Metaller, Betriebsräte, Stammbeschäftigte und Leiharbeiter hätten nicht gegeneinander, sondern miteinander dafür "gekämpft, dass es jetzt für viele Kollegen eine Festanstellung und eine klare Perspektive gibt".
In Leipzig werden nach Angaben von Werkssprecher Jochen Müller täglich 740 Fahrzeuge der X1 und 1er-Serie produziert. Die Kapazitäten seien voll ausgelastet. Das Werk wird zudem für die Produktion eines neuen Elektro-Fahrzeuges erweitert. Ohnehin wollte BMW die Mitarbeiterzahl daher aufstocken.
Auf der anderen Seite haben die Arbeitnehmervertreter auch Zugeständnisse gemacht: So sollen bei lahmendem Fahrzeugabsatz auch Urlaubstage verordnet werden, um die Produktion zu drosseln oder zeitweise gar still zu legen. Nach MZ-Informationen sollen gegebenenfalls die Bänder an Brückentagen über ein verlängertes Wochenende still stehen, wofür die Arbeitnehmer einen Urlaubstag opfern müssten. Sogar ganze Schichten können ausfallen, auf Kosten des Jahresurlaubs im Umfang von bis zu 15 Tagen. Dies gilt freilich erst, wenn die üppigen Zeitkonten von 300 Stunden der Arbeitnehmer keine Überstunden mehr aufweisen. Um sie noch stärker als bisher auffüllen zu können, soll auch die Erfolgsbeteiligung, die zuletzt mit durchschnittlich 8 000 Euro pro Mitarbeiter recht üppig ausfiel, nicht ausgezahlt, sondern in Überstunden umgerechnet auf das Arbeitszeitkonto "eingezahlt" werden. Solche Regelungen seien auch im Interesse der Arbeitnehmer, heißt es bei BMW. Nur mit flexiblen Arbeitszeitmodellen sei es gelungen, die Wirtschaftskrise 2008 gut zu überstehen.
Dies ist BMW bisher bemerkenswert gut gelungen. Während die Hersteller Peugeot, Renault und Fiat sowie auch Opel und Ford unter Absatzeinbrüchen leiden, laufen die Geschäfte der Bayern noch blendend.