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Bischöfin Käßmann gibt ihre Ämter auf

24.02.2010, 16:00

Hannover/dpa. - Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, gibt ihre kirchlichen Spitzenämter auf. Käßmann zog damit am Mittwoch die Konsequenzen aus dem Bekanntwerden einer alkoholisierten Autofahrt vom Wochenende.

Sie trete mit sofortiger Wirkung als EKD-Ratsvorsitzende und als hannoversche Landesbischöfin zurück, erklärte die 51-Jährige am Mittwoch in Hannover vor der Presse. Sie bleibe aber Pastorin der hannoverschen Landeskirche.

«Am vergangenen Samstagabend habe ich einen schweren Fehler gemacht, den ich zutiefst bereue», sagte Käßmann. Sie könne und wolle nicht darüber hinweg sehen, dass ihr Amt und ihre Autorität als Landesbischöfin sowie als Ratsvorsitzende beschädigt seien. «Die Freiheit, ethische und politische Herausforderungen zu benennen und zu beurteilen, hätte ich in Zukunft nicht mehr so wie ich sie hatte.»

Käßmann war am Samstagabend mit 1,54 Promille Alkohol im Blut am Steuer ihres Dienstwagens gestoppt worden. Sie hatte zuvor im Zentrum von Hannover eine rote Ampel missachtet. Auf sie wartet nun ein Strafverfahren, da Alkoholvergehen am Steuer ab 1,1 Promille keine Ordnungswidrigkeit mehr sind.

Einer ihrer Ratgeber habe ihr am Dienstag ein Wort von Jesus Sirach mit auf den Weg gegeben: «Bleibe bei dem, was dir dein Herz rät (37,17)», erklärte Käßmann mit brüchiger Stimme. «Und mein Herz sagt mir ganz klar: Ich kann nicht mit der notwendigen Autorität im Amt bleiben.» So manches, was sie jetzt über ihre Verfehlung lese lese, sei mit der Würde dieses Amtes nicht vereinbar. «Aber mir geht es neben dem Amt auch um Respekt und Achtung vor mir selbst und um meine Gradlinigkeit, die mir viel bedeutet.»

Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hatte nach einer nächtlichen Krisenberatung noch am Mittwochmorgen Käßmann einmütig das Vertrauen ausgesprochen. Dafür bedankte sich die Bischöfin auf der Pressekonferenz ausdrücklich, auch bei ihren Freunden, Ratgebern und allen, «die mich so wunderbar getragen und gestützt haben».

Die EKD reagierte mit tiefem Bedauern auf den Rücktritt ihrer Ratsvorsitzenden. «Die Gradlinigkeit und Klarheit in ihren theologischen, soziopolitischen und gesellschaftlichen Positionen werden der Evangelischen Kirche in Deutschland fehlen», hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der EKD-Synodenpräsidentin, Katrin Göring-Eckardt sowie des stellvertretenden EKD-Vorsitzenden, Nikolaus Schneider. «Ihr Rücktritt ist ein schwerer Verlust für den deutschen Protestantismus.»

Käßmann war erst im Oktober 2009 zur EKD-Ratsvorsitzenden gewählt worden. In der Geschichte der EKD ist sie die erste Frau gewesen, die dieses Spitzenamt inne hatte. Bis zu einer Neuwahl im November werde ihr Stellvertreter Nikolaus Schneider, der Präses der evangelischen Kirche im Rheinland, das Amt übernehmen, erklärte die Kirche. Der 62- Jährige ist seit 2003 Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland. Eine Neuwahl werde voraussichtlich bei der nächsten Synodentagung vom 5. bis 10. November in Hannover erfolgen.