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Bioenergie Bioenergie: Verbio investiert und baut Biogasanlagen aus

Von Steffen Höhne 04.06.2012, 11:27

Leipzig/MZ. - „Was gut ist, setzt sich auch ohne Subventionen durch.“ Ein bemerkenswerter Satz, den Claus Sauter, Vorstandschef des Biokraftstoff-Herstellers Verbio, am Montag auf der Hauptversammlung in Leipzig sagte. Denn die gesamte Branche - also auch Verbio - hängt seit Jahren am staatlichen Tropf. Dies wird sich so schnell auch nicht ändern. Doch mit einem umfangreichen Investitionsprogramm will Verbio die Abhängigkeit zumindest etwas verringern.

Sauter kündigte am Montag vor Aktionären des Unternehmens an, dass Verbio bis 2016 rund 150 Millionen Euro in neue Biomethan-Werke investieren will. Bisher verdiente das Unternehmen mit Sitz in Zörbig (Anhalt-Bitterfeld) vor allem sein Geld mit der Herstellung von Bioethanol (Benzin) und Biodiesel, das konventionellen Kraftstoffen beigemischt wird. Die Quote ist staatlich festgeschrieben. Diese beiden Sparten werden laut Sauter in den kommenden Jahren stabil, aber moderat wachsen. Größeres Potenzial sieht er für Biogas, das künftig vor allem von Lkws getankt werden soll. Bisher ist diese Sparte im Verbio-Konzern vergleichsweise klein.

Dies soll sich ändern: In den vergangenen zwei Jahren errichtete das Unternehmen in den Ethanol-Werken Zörbig und Schwedt (Brandenburg) daher Biomethan-Anlagen. Diese verarbeiten das Ethanol-Restprodukt Getreideschlempe zu Biomethan (Erdgas). „An über 50 Erdgas-Tankstellen in Deutschland wird unser Verbiogas bereits verkauft“, sagte Sauter. So würden unter anderem die Stadtwerke Dessau, Wernigerode und Wittenberg nun Biomethan statt konventionelles Erdgas an ihren Tankstellen verkaufen. „Die Umstellung ist eine rein betriebswirtschaftliche Entscheidung und damit frei von jeglichen Subventionen“, erklärte Sauter. 50 Millionen Euro will Verbio 2012 in den weiteren Ausbau investieren.

Zudem testet der Konzern derzeit in Zörbig ein Verfahren, anstatt Getreide Stroh als Ausgangsrohstoff einzusetzen. „Ich gebe zu, aus Stroh Biomethan zu machen, klingt ein wenig nach Märchen. Es ist kein Märchen, es ist Realität“, sagte Sauter. In der Nähe von Görlitz und in Ungarn sollen bis 2016 für 100 Millionen Euro zwei große industrielle Anlagen gebaut werden. Nach Worten von Sauter besteht der große Vorteil dieser Bio-Kraftstoffe darin, dass sie nicht mehr in Konkurrenz zur Nahrungsmittel-Produktion stehen. Die Finanzierung soll aus laufenden Gewinnen und „einem kleinen Teil Fremdkapital“ gestemmt werden.

Doch ist Verbio mit 770 Mitarbeiter finanzkräftig genug?, fragten Aktionärsvertreter am Montag kritisch nach. Zwar stieg der Umsatz 2011 um 44,8 Prozent auf 754 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr. Unter dem Strich blieb jedoch nur ein magerer Überschuss von 1,3 Millionen Euro. Sauter räumte ein, dass es nach zahlreichen Insolvenzen in der Branche schwerer geworden sei, „von Banken Geld zu bekommen“. „Liquidität ist daher oberstes Gebot“, sagte der Unternehmenschef. Man müsse allerdings auch Innovationen vorantreiben, um nicht das Schicksal vieler deutscher Solar-Firmen zu teilen. Im Jahr 2011 hat Verbio etwa den Agrar-Rohstoffhändler Märka komplett übernommen. Damit soll die sichere Belieferung mit Rohstoffen garantiert werden. Laut Sauter ist die Rohstoffbeschaffung eine der größten Herausforderungen. Vor allem die großen Preissprünge an den Märkten seien schwer aufzufangen.

Die Anleger sind vorsichtig. Der Verbio-Börsenkurs dümpelte am Montag weiter bei 2,42 Euro. Dass die Anteilseigner Sauter das Leben schwer machen oder gar seine Strategie durchkreuzen, braucht er aber nicht zu befürchten. Denn allein die Familien Sauter und Pollert besitzen zusammen knapp 60 Prozent der Firmenanteile. Sie bestimmen den Kurs.