Bilanzskandal Bilanzskandal: Parmalat-Konzern soll aufgespalten werden
Rom/dpa. - Der insolvente italienische Milch-Riese Parmalat steht Medienberichten zufolge vor der Aufspaltung. Insolvenz-Verwalter Enrico Bondi arbeite mit den Investmentbanken Lazard und Mediobanca an einem Sanierungskonzept, das die Gründung eines neuen Unternehmens unter Führung der Gläubigerbanken vorsehe, berichteten das «Handelsblatt» und die «Börsen-Zeitung» am Donnerstag unter Berufung auf Mailänder Finanzkreise.
Die Parmalat-Finanztöchter in mehreren Steuerparadiesen, die Löcher von 10 bis 13 Milliarden Euro in die Bilanzen gerissen haben, sollen abgespalten und aufgelöst werden. Auch der Reiseveranstalter Parmatour, bei dem die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zuletzt ein neues Bilanzloch von mindestens zwei Milliarden Euro aufgedeckt hatten, dürfte abgetrennt werden. Ein Sprecher der Mediobanca sagte der dpa, man wolle die Berichte nicht kommentieren.
Parmalat-Gründer Calisto Tanzi bleibt nach Angaben italienischer Medien weiter in Haft. Ein Antrag von Tanzis Anwälten auf Hausarrest wurde zum zweiten Mal abgelehnt. Untersuchungsrichter Guido Piffer behielt sich jedoch vor, nach der Veröffentlichung eines ärztlichen Gutachtens über den Gesundheitszustand des herzkranken Tanzi noch einmal neu zu entscheiden. Der 65-jährige Manager war am 27. Dezember festgenommen worden. Ihm werden betrügerischer Bankrott, Bilanzfälschung, und Veruntreuung von Firmengeldern vorgeworfen.
Unterdessen hat ein Gericht in Parma auch die Holdinggesellschaft Parmalat Finanziaria sowie die Tochterunternehmen Lactis und Eurolat für insolvent erklärt, berichtete das italienische Fernsehen. Bondi hatte am Mittwoch die Insolvenz für die Unternehmen beantragt. Anwälte von Parmatour prüften derzeit, ob auch die Tourismus-Tochter Antrag auf Zahlungsunfähigkeit stellen kann.
Ein siebenstündiges Verhör von Vertretern der Deutschen Bank aus London habe die Staatsanwaltschaft von Parma unterdessen nicht zufrieden gestellt, hieß es. Im Mittelpunkt des Interesses stehe eine Anleihe von 350 Millionen Euro, die die Deutsche Bank im September für Parmalat aufgelegt hatte. Die Staatsanwälte wollen auch wissen, warum das Geldinstitut noch im November seinen Anteil an der Parmalat-Tochter Finanziaria von 2,5 auf 5,1 Prozent verdoppelt hatte, obwohl der Konzern bereits vor der Insolvenz stand.
In den kommenden Tagen sollen auch Vertreter der amerikanischen Geldinstitute Bank of America und Citicorp vernommen werden. «Es werden Ermittlungen gegen alle Banken, die in den vergangenen Jahren mit Parmalat zu tun hatten, eingeleitet», hieß es. Darunter seien auch die italienischen Banken Intesa, Capitalia und San Paolo Imi sowie die spanische Santander.
Die Europäische Kommission denkt wegen des Bilanzskandals über strengere Regeln für die Prüfung von Unternehmensbilanzen nach. Es werde geprüft, welche Maßnahmen möglicherweise von der EU ausgehen könnten, sagte Kommissionssprecher Reijo Kemppinen in Brüssel. So solle künftig verhindert werden, dass mehre Wirtschaftsprüfer für unterschiedliche Teile der Bilanz eines Unternehmens zuständig seien.
Italiens Regierung nimmt eine Reform der italienischen Finanzaufsicht in Angriff. Ein entsprechendes Gesetz soll im Eilverfahren verabschiedet werden und bereits im März in Kraft treten. Ziel ist es, die Aufsicht über den Aktienmarkt und die Unternehmen des Landes zu bündeln und effizienter zu machen.