Bilanz Bilanz: Stoiber war fast 14 Jahre Bayern-Regent
München/dpa. - Der 65-Jährige kämpfte vergeblich um seine Macht.
Selbst in den letzten Tagen der Krise trat Stoiber noch forsch auf. Beim Neujahrsempfang in der Münchner Residenz am 12. Januar schüttelte er seiner schärfsten Kritikerin, der Fürther Landrätin Gabriele Pauli (CSU), kräftig die Hand. Pauli hatte die Führungskrise um Stoiber kurz vor Weihnachten mit Spitzelvorwürfen gegen die Staatskanzlei ins Rollen gebracht. Doch der Abstieg hatte bereits im Herbst 2005 mit seinem Rückzieher aus Berlin begonnen.
Stoiber flüchtete damals geradezu aus der Hauptstadt, nachdem er zuvor in den Koalitionsverhandlungen ein Superministerium für Wirtschaft und Technologie für sich herausgeschlagen hatte. «Erstmals seit fast 40 Jahren übernimmt wieder ein Vertreter der Union das Ressort von Ludwig Erhard», hatte der CSU-Chef noch vor seinem Verzicht verkündet. Stoibers persönliche Umfragewerte erholten sich seitdem nicht mehr, auch wenn er an der bayerischen Parteibasis Buße tat («Ich leide wie ein Hund»).
Den Unmut in der großen Koalition - auch den der Schwesterpartei CDU - zog sich Stoiber in den vergangenen Monaten mit seinem Zick- Zack-Kurs bei den Verhandlungen zur ohnehin unpopulären Gesundheitsreform zu. Mehrmals stimmte er nach Berliner Verhandlungsmarathons den Ergebnissen zu, um sie dann von München aus wieder zu blockieren. «Edmund, der Dickschädel, das ist für mich eine Ehrenauszeichnung zur Verfolgung der bayerischen Interessen», sagte Stoiber beim CSU-Parteitag im Oktober 2006. Als «ewigen Zerstörer» betitelte «Die Zeit» Stoiber später.
Um Haaresbreite wäre der «preußisch» wirkende Oberbayer 2002 fast Bundeskanzler geworden. Nach einem Auszählungskrimi unterlag Stoiber als Unions-Kandidat dem amtierenden Kanzler Gerhard Schröder (SPD). Der CSU-Chef hatte sich beim legendären Frühstück in Wolfratshausen im Januar 2002 als Kandidat gegen Angela Merkel (CDU) durchgesetzt.
Zum persönlichen Triumph des gescheiterten Kanzler-Kandidaten wurde dann die bayerische Landtagswahl 2003. Die CSU fuhr mit 60 Prozent ein sensationelles Ergebnis ein. Stoiber erreichte erstmals für seine Partei die Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag.
Ausgestattet mit großer Machtfülle - seit 1999 war Stoiber auch CSU-Vorsitzender - verordnete er dem Freistaat ein hartes Reformprogramm und einen umstrittenen Sparkurs. Am Ende konnte Stoiber in seine Erfolgsbilanz schreiben, dass Bayern 2006 als erstes Bundesland einen ausgeglichenen Haushalt vorlegte. «Laptop und Lederhose» - die Synthese von Modernisieren und gleichzeitigem konservativem Bewahren - ist das Sinnbild der Ära Stoiber.
Auf dem Höhepunkt seiner politischen Karriere hätte Stoiber nach der Landtagswahl 2003 Bundespräsident oder EU-Kommissionspräsident werden können. Er wollte weder das eine noch das andere. «Meine Liebe gehört Bayern. Ich strebe kein anderes Amt an», beteuerte er häufig. Doch sein Blick richtete sich immer wieder nach Berlin - wenn er auch dann jeweils kurz vor dem Ziel eine Kehrtwendung machte.
Der am 28. September 1941 in Oberaudorf am Inn geborene Stoiber hat in seiner über 35-jährigen Parteikarriere gelernt, mit allen Tricks zu kämpfen. «Blondes Fallbeil» und «Wadlbeißer» wurde der frühere CSU-Generalsekretär, Staatskanzleichef und Ziehsohn von Franz Josef Strauß von seinen Feinden genannt.
Den Posten des Ministerpräsidenten hatte der damalige bayerische Innenminister Stoiber im Mai 1993 von Max Streibl übernommen, der im Zuge der «Amigo-Affäre» um Freiflüge und Gratisreisen zurücktreten musste. Den Machtkampf mit dem früheren CSU-Chef Theo Waigel um das höchste Amt im Freistaat entschied Stoiber für sich.
Der aus kleinbürgerlichen Verhältnissen stammende Stoiber, der sein Jura-Examen mit Prädikat abschloss, gilt als rastloser, arbeitswütiger Perfektionist. Immer wieder lieferte er aber in den vergangenen Jahren rhetorische Stilblüten. Im Internet kursieren seine Reden vom «Blumen hinrichten», der «glodernen Lut», von den «Problem- und Schadbären» und vom Transrapid.
In allen schweren Zeiten konnte sich Stoiber immer auf seine Frau Karin verlassen. Stoiber hat zwei Töchter und einen Sohn sowie drei Enkel. Als Alternative zur Politik könne er sich das Amt des FC Bayern-Präsidenten denken, gestand der Fußballfan einmal.