Bert Rürup Bert Rürup: Der Schlichter und die Doktorarbeit
BERLIN/MZ. - Große Hoffnungen ruhen auf ihm, Bert Rürup: emeritierter Professor für Finanz- und Wirtschaftspolitik, Ex-Wirtschaftsweiser, ewiger Altersvorsorgespezialist, aktuell im Vorstand des Beratungsunternehmens Maschmeyer-Rürup-AG - und nun Schlichter im Tarifkonflikt zwischen der Deutschen Lufthansa und der Kabinengewerkschaft UFO.
Viel steht auf dem Spiel
Bei den vertraulichen Gesprächen, die am Donnerstag in Bad Nauheim begannen und am Freitag fortgesetzt wurden, steht viel auf dem Spiel: Bei dem bundesweiten 24-stündigen Streik vor drei Wochen waren rund 1 000 Lufthansa-Flüge ausgefallen. 100 000 Kunden mussten sich andere Reisewege suchen. Die Gewerkschaft ließ die Muskeln spielen und fügte der größten deutschen Airline einen Schaden in Millionen-Höhe zu. Und gibt es jetzt keinen Kompromiss, dann stehen die Maschinen vermutlich wieder still.
Dass Vertrauen in Rürups integrative Fähigkeiten ist auf beiden Seiten groß. Es war die Lufthansa, die den 69-Jährigen als Schlichter ins Spiel brachte. Und auch die Gewerkschaft zeigte sich hoffnungsvoll, "dass die Schlichtung unter Professor Rürup eine Gesamtlösung erbringen kann, die sowohl die strukturellen Vergütungsthemen als auch den Erhalt von Lebensarbeitsplätzen in der Kabine beinhaltet". Rürup ist zwar kein erfahrener Schlichter in Tarifkonflikten, aber ein kreativer Kopf (Rürup-Rente) und äußerst Gremien-erfahren. Konsenssuche gilt da als eine Art Daueraufgabe.
Nur, ist Rürup auch neutral, wenn es darum geht, zwischen der UFO-Forderungen - fünf Prozent mehr Lohn, Laufzeit zwölf Monate ? und dem Angebot der Lufthansa ? 3,5 Prozent für 36 Monate ? zu vermitteln? Ist gerade er objektiv genug, da es diesmal parallel zu den eigentlichen Schlichtungsgesprächen auch um die sehr wichtige von der Lufthansa angekündigte Gründung einer Billigfluglinie und die Auslagerung von Personal geht?
Jahrelange Bekanntschaft
Diese Frage warf zumindest die Süddeutsche Zeitung auf, die herausgefunden hatte, dass Rürup in den 1990-er Jahren an der Technischen Universität Darmstadt die Doktorarbeit von Lufthansa-Chef Christoph Franz betreut hat, als Zweitkorrektor. Seither kennen sich die beiden Männer, und sie dürften sich auch schätzen, sonst würde Franz wohl kaum einen Doktortitel tragen und die Lufthansa hätte Rürup sicher nicht als Schlichter vorgeschlagen.
Was wie nicht ganz koscher roch, scheint sich nun jedoch als belanglos zu erweisen. Rürup habe das Thema zu Beginn der Schlichtungsrunde selbst angesprochen. Und UFO-Vorstandsvorsitzender Nikoley Baublies habe Lufthansa-Verhandlungsführer Peter Gerber am Donnerstag erneut versichert, dass die Bekanntschaft für die Gewerkschaft kein Problem sei, sagte eine Sprecherin der Fluggesellschaft am Freitag der MZ. Wer weiß: Womöglich profitiert UFO am Ende sogar davon, dass Rürup auch nur den Anschein vermeiden will, Partei für Lufthansa gewesen zu sein.