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Bericht Bericht: Grönland schmilzt und die Eisbären sterben

23.03.2007, 12:24

Kopenhagen/Nuuk/dpa. - Die Fischer können nicht mehr mit ihren Hundeschlitten losziehen, um vom Eis aus durch gehackte Löcher Heilbutt zu fangen. Während die Menschen sich aber noch mit neu angeschafften Booten behelfen können, sieht es für die Eisbären schlechter aus.

Die Riesenraubtiere verlieren mit dem Verschwinden des Treibeises buchstäblich den Boden unter den Füßen. Schon jetzt sinken die Bestandszahlen massiv, weil Eisbären entweder verhungern oder bei der Jagd ertrinken. 2040 wird es im arktischen Sommer überhaupt kein Treibeis mehr geben, sagen die Klimaforscher voraus. Das bedeutet akute Gefahr für den ohnehin dünnen Bestand der Bären.

Solche Schreckensgeschichten rund um den Klimawandel hat die Arktis seit Jahren reichlich zu bieten. Die Erderwärmung vollzieht sich hier etwa doppelt so schnell wie anderswo. Das dabei freigesetzte Schmelzwasser gilt für den ganzen Planeten als Bedrohung. Mit den schwindenden Eismassen der Arktis befasst sich daher auch der vierte Bericht des UN-Klimarates (IPCC), den das Gremium im Februar in Paris präsentierte.

Dass man im Süden Grönlands nun Kartoffeln ernten könne und die Rieseninsel ihrem von der Farbe Grün kommenden Namen demnächst alle Ehre machen werde, gehört zu den gern erzählten, vermeintlich positiven Auswirkungen des massiven Klimawandels in der Arktis. Doch die Aussichten sind - wie das Klima - komplex und überwiegend bedrohlich. «Wir müssen uns schon jetzt sehr praktisch umstellen, obwohl wir in vielen Belangen noch gar nicht wissen, was genau auf uns zukommt», schreibt Jens Napatok in einer Broschüre des Umweltamtes mit Ratschlägen an die Bevölkerung zur «Vorbereitung Grönlands auf den Klimawandel».

Die Eisfischer von Ilulissat trainieren nun das Manövrieren mit ihren kleinen Booten im nicht ganz ungefährlichen Gewirr von Eisbergen vor der Küste. Was aber können sie tun, wenn die Erwärmung um geschätzte fünf bis zu sieben Grad Celsius auch den Permafrostboden aufweicht, auf dem ihre Häuser gebaut sind? Alle 400 000 Ureinwohner der Arktis zwischen Sibirien und Kanada seien in ihrer Kultur, traditionellen Lebensweise und letztlich auch existenziell gefährdet, warnt die deutsche Gesellschaft für bedrohte Völker in Göttingen.

Sie lenkt dabei die Aufmerksamkeit auf Effekte der Erderwärmung, die andere als Segen betrachten: «Die Arktis schmilzt nicht nur, sie wird auch geplündert.» Durch den Temperaturanstieg lassen sich die gigantischen Bodenschätze unter dem Polargrund technisch leichter und vor allem billiger ausbeuten. Während die knapp 50 000 Ureinwohner der Arktis im halbautonom zu Dänemark gehörenden Grönland dies wohl eher als Chance auf mehr Wohlstand betrachten dürften, sieht es für bettelarme Jakuten, Evenen, Tschuktschen und andere kleine Bevölkerungsgruppen im politisch und wirtschaftlich brutaleren Russland sehr viel bedrohlicher aus.

Aber auch in Dänemark freuen sich einflussreiche Kräfte über bestimmte Folgen des arktischen Klimawandels, die andere als apokalyptische Bedrohung empfinden. «Es ist doch herrlich, dass wir bald durch eine eisfreie Nordostpassage schippern können», meinte ein Vertreter des Industrieverbandes im Fernsehen. Die größte Containerflotte der Welt wird von der Kopenhagener Reederei Maersk betrieben. Hier plant man schon fleißig für die Zeit, wenn sich durch eisfreie Passagen nördlich von Sibirien viel Zeit und Geld für den Transport billiger asiatischer Massenprodukte zur konsumhungrigen europäischen Kundschaft sparen lässt.