Bergbau und Chemie Bergbau und Chemie: Ex-Wirtschaftsminister soll neuer RAG-Chef werden
Essen/dpa - Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Werner Müller wird nach einem Zeitungsbericht und nach dpa-Informationen neuer Vorstandschef des Essener RAG-Konzerns. Diese Entscheidung sei intern bereits gefallen, berichtete am Donnerstag die «Westdeutsche Allgemeine Zeitung» (WAZ) in einem Vorabbericht unter Berufung auf Kreise des Aufsichtsrats. E.ON-Chef Ulrich Hartmann, der als RAG- Aufsichtsratsvorsitzender das Vorschlagsrecht für den Nachfolger des überraschend ausscheidenden Konzernchefs Karl Starzacher (58) hat, sehe Müller ebenfalls positiv, hießt es bei der Essener Zeitung.
Auch nach dpa-Informationen läuft im RAG-Aufsichtsrat alles auf Müller als neuen Vorstandschef hinaus. Danach ist Müller von den Gewerkschaftsvertretern nach vorne gebracht worden. Möglicherweise will der Aufsichtsrat bereits an diesem Wochenende über die Nachfolge von Starzacher entscheiden.
Laut «WAZ» macht Müller seine mangelnde Erfahrung an der Spitze von Großunternehmen durch das politische Gespür wett, dass er bei den Verhandlungen mit der EU über die Kohlesubventionen bewiesen habe. In Kürze steht die neue Kohlerunde für den Finanzierungsrahmen nach dem Jahr 2005 an.
Ein Sprecher des RAG-Konzerns wollte Müller als designierten Nachfolger von Starzacher nicht bestätigen. «Wir kommentieren solche Personalspekulationen nicht», sagte der Sprecher. «Kein Kommentar», hieß es auch beim Energieriesen E.ON. Der Düsseldorfer Konzern ist mit 40 Prozent der Anteile größter Aktionär der RAG vor RWE (30 Prozent) und ThyssenKrupp (20 Prozent).
Auch der Sprecher der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie Energie (IGBCE), Christoph Meer, zeigte sich zurückhaltend: «Die Aufsichtsratsmitglieder der Gewerkschaft äußern sich nicht zu den Spekulationen um die Nachfolge Starzachers.»
Der 58-jährige Jurist und ehemalige hessische Finanzminister Starzacher hatte am vergangenen Dienstag knapp eineinhalb Jahre vor dem Auslaufen seines Vertrages überraschend das Handtuch geworfen. «Aus persönlichen Gründen» habe er den Aufsichtsrat gebeten, ihn Ende Mai von seinen Pflichten zu entbinden. Näheres wurde offiziell nicht bekannt. Dem Vernehmen nach soll er jedoch für den ins Auge gefassten Umbau des Bergbau-Konzerns bei den Arbeitnehmervertretern und leitenden Angestellten nicht den notwendigen Rückhalt gespürt haben.
Starzacher geht zu einem Zeitpunkt, an dem die ehemalige Ruhrkohle AG vor dem größten Umbau ihrer Firmengeschichte steht. Aus dem Bergbaukonzern wird mit der Übernahme des Spezialchemie- Unternehmens Degussa Ende Januar vor allem ein Chemiekonzern. Erst Anfang März hatte Starzacher die umfassende Neuausrichtung des Konzerns präsentiert. Danach sollte das Unternehmen künftig mit 100 000 Beschäftigten auf den Säulen Chemie, Bergbau und Immobilien stehen. Von 20 Milliarden Euro Umsatz entfielen dann allein 12 Milliarden Euro auf Degussa.