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Beleidigungen Beleidigungen: Von den Klassikern lernen

Von Andreas Hillger 09.08.2010, 19:30

Halle/MZ. - Mit Klassiker-Zitaten sollte man seinem Chef in erhitzten Auseinandersetzungen besser nicht kommen, Kraftmeiereien mit Lokalkolorit aber rechtfertigen offenbar keine sofortige Kündigung. Wie das Hamburger Arbeitsgericht jetzt entschieden hat, muss ein Sachbearbeiter weiter beschäftigt werden, der seiner Vorgesetzten im Streit um die Urlaubsplanung ein "Klei mi ann Mors" an den Kopf geschleudert hat. Für alle, denen Platt zu hoch ist: Die Übersetzung lautet in etwa "Kratz mich am Hintern" - und eben nicht "Er kann mich im Arsche lecken", wie es Goethe einst seinem "Götz von Berlichingen" in den Mund legte. Während Letzteres wohl justitiabel wäre, erscheint die norddeutsche Schimpf-Folklore den Richtern lediglich als ungehörig - und rechtfertigt bestenfalls eine Abmahnung.

Was dieser Präzedenzfall nun für das eigene ArbeitnehmerLeben bedeutet, muss man selbst entscheiden. Ist es hierzulande ratsam, seinem Unmut im sächsischen oder anhaltischen Idiom Luft zu machen? Darf man sich in Eisleben und Wittenberg auf den starkdeutschen Luther berufen und das berühmte "Aus einem verzagten Arsch kommt kein fröhlicher Furz" zitieren? Oder soll man sich im Gegenteil auf abseitige Sprachen verlegen, um die Beleidigung von vornherein wie eine Schmeichelei in Kisuaheli oder Farsi klingen zu lassen?

Interessant ist in jedem Fall die Urteilsbegründung: Rechtlich maßgebend sei nicht die subjektive Bewertung einer solchen Äußerung, sondern die objektive Betrachtung. Um auf der sicheren Seite zu sein, belässt man es also am besten bei einem subtil betonten "Ja, Chef".