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Bahn-Streik verursacht Chaos auf Straßen - Beck greift GDL an

18.10.2007, 13:44

Berlin/dpa. - Der dritte Lokführerstreik innerhalb von zwei Wochen hat am Donnerstag zu einem Verkehrschaos auf den Straßen der Ballungszentren geführt. Auf den Bahnhöfen war es dagegen relativ ruhig. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hatte bis zum Vormittag den Regionalverkehr und die S-Bahnen bundesweit bestreikt.

Die Deutsche Bahn bezweifelte den Erfolg der Aktion. Weniger als 40 Prozent der Regionalzüge und S-Bahnen seien während des neunstündigen Streiks ausgefallen. Die GDL ließ zunächst offen, ob sie für Freitag erneut zu Arbeitsniederlegungen aufrufen wird. Eine Wiederaufnahme von Gesprächen zeichnete sich auch am Donnerstag nicht ab.

Die Schwerpunkte der Streikaktionen lagen dem Unternehmen zufolge in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Dort seien regional bis zu 80 Prozent der Züge ausgefallen. Von 200 Ersatzbussen kamen die meisten in diesen Ländern zum Einsatz. Besser sah es im Westen der Republik aus: In Nordrhein- Westfalen seien 70 Prozent der Züge unterwegs gewesen. Weil viele Bahnkunden aufs Auto umstiegen, bildeten sich auf den Zufahrtsstraßen und Autobahnen vieler Großstädte lange Staus, so etwa rund um München und Stuttgart.

Während des Streiks fuhren die S-Bahnen in Berlin und Hamburg zumeist in einem 20-Minuten-Takt, wie das Unternehmen berichtete. In Nordrhein-Westfalen, München und Frankfurt am Main seien die S-Bahnen lediglich im Abstand von einer Stunde gerollt. Insgesamt hätten 1700 Mitarbeiter die Arbeit niedergelegt, sagte Bahn-Vorstand Karl- Friedrich Rausch in Berlin.

Nach Angaben der GDL fielen im Osten Deutschlands rund 85 Prozent der Züge aus. Im Westen habe «dieses Ergebnis durch den Einsatz von Beamten nicht erreicht werden» können, dennoch habe «die überwiegende Mehrheit der Züge» stillgestanden, teilte die GDL mit. Durch die Behinderungen im Regionalverkehr sei auch der Fernverkehr teilweise beeinträchtigt worden. Die Bahn sprach dagegen von einem reibungslosen Fernverkehr. Am frühen Abend wollte die Bahn wieder «das volle Programm» fahren.

Nach einer Entscheidung des Arbeitsgerichts Chemnitz darf die GDL bis auf weiteres nur Züge des Nah- und Regionalverkehrs bestreiken. Die Gewerkschaft will mit dem Arbeitskampf ihre Forderung nach einem eigenständigen Tarifvertrag für das Fahrpersonal durchsetzen. Das jüngste Angebot der Bahn hatte sie als unzureichend zurückgewiesen und Verhandlungen abgelehnt. Rausch forderte die GDL auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Die GDL verlangte erneut ein besseres Angebot.

SPD-Chef Kurt Beck kritisierte die Lokführergewerkschaft. Sie wolle «ohne Rücksicht auf andere» Sonderregelungen, sagte Beck im Nachrichtensender N24. Beck forderte den Bahnvorstand auf, gegenüber der GDL hart zu bleiben. «Insgesamt muss man klar machen: Es ist ein kleiner Prozentsatz der Bahnbeschäftigten, es ist nur ein kleiner Teil der Lokführer, und es ist ein Teil, der sich aus der Solidargemeinschaft aller bei der Bahn herausbegibt», sagte Beck.

Die Bahn setzt an diesem Freitag mit den Gewerkschaften Transnet und GDBA ihre Verhandlungen über eine neue Einkommenstruktur für den Konzern fort. Nach Angaben des Unternehmens werden für die Bahn Vorstandschef Hartmut Mehdorn und Personalchefin Margret Suckale an der Runde in Berlin teilnehmen. Auf Gewerkschaftsseite sitzen die Vorsitzenden Norbert Hansen und Klaus-Dieter Hommel mit am Tisch. Der aktuelle Tarifkonflikt mit der GDL dürfte bei dem Treffen auch erörtert werden.