Ausschreibung des Nordharz-Netzes der Bahn Ausschreibung des Nordharz-Netzes der Bahn: Private sehen sich auf totes Gleis gestellt
Halle/MZ. - Zunächst war das Interesse bei den Privatbahnen, die deutschlandweit dem früheren Monopolisten Deutsche Bahn bzw. deren Nahverkehrssparte DB Regio Marktanteile abjagen wollen, groß. Die größte deutsche Privatbahn Connex (Frankfurt am Main) signalisierte ebenso ihr Interesse wie die Harzer Schmalspurbahnen (HSB, Wernigerode), die Hamburger Hochbahn, die Priegnitzer Eisenbahn oder die Karsdorfer Eisenbahngesellschaft (Burgenlandkreis). Selbst die Graz-Köflacher Eisenbahn aus Österreich dachte über ein eigenes Angebot nach.
Jetzt, wenige Tage nach dem Ablauf der Bieter-Frist aber, sieht das Bild eher trübe aus. Neben DB Regio, die das Netz derzeit befährt, hat nach Informationen der MZ lediglich Connex ein Angebot gemacht. Die anderen Interessenten fühlten sich angesichts der Bedingungen, die die Nahverkehrsgesellschaft des Landes (Nasa) den Bewerbern stellte, auf das Abstellgleis geschoben. Sie verzichteten auf ein Angebot oder stiegen in der Bewerbungsphase aus. Vom "Mordharznetz" ist dort inzwischen ebenso die Rede wie von einem "Himmelfahrtskommando".
Connex, offenbar unentschlossen, gab seine Bewerbung erst in allerletzter Minute ab. Und die KEG, die im Landes-Süden gemeinsam mit DB Regio die Burgenlandbahn betreibt, reichte am letzten Bewerbungstag gegen die Ausschreibung bei der Vergabekammer des Landes in Magdeburg Klage ein. Sie fordert von Land und Nasa, die Ausschreibung aufzuheben, weil sie nicht auf mehr Wettbewerb, sondern auf die Bedürfnisse von DB Regio zugeschnitten sei.
Hauptkritikpunkt ist, dass die Nasa das Risiko steigender Preise für die Benutzung des Schienennetzes der Bahntochter DB Netz und der Bahnhöfe allein dem Betreiber zuschieben will, der darauf aber keinerlei Einfluss hat. "Ein nach kaufmännischen Grundsätzen solide kalkuliertes Angebot ist damit nicht möglich", wenden die KEG-Anwälte von der Kanzlei Brauner & Sattler (Bochum) ein. Weiter bemängelt die KEG die unzureichende Ausstattung der Bieter mit Daten über die zu erwartenden Fahrgastzahlen. Die angegebenen Zahlen seien nicht unabhängig von der Nasa erhoben worden und damit "zweifelhaft". Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (Köln) sieht das ähnlich. Er kritisiert, dass Ausschreibungen, die privaten Bahnunternehmen die Infrastruktur-Kosten aufbürden, ein überhöhtes Risiko bergen.
Der Schienen-Nahverkehr wird damit nicht zum ersten mal Gegenstand juristischer Auseinandersetzung im Land. Schon Daehres Vorgänger Jürgen Heyer (SPD) war in Bedrängnis geraten, nachdem er den Schienen-Nahverkehr ohne Ausschreibung über Jahre hinweg an DB Regio vergeben wollte. Die Vergabekammer hatte diesen Vertrag schließlich für nichtig erklärt. Heyers Nachfolger Daehre hatte dann mühsam einen neuen Vertrag mit DB Regio ausgehandelt, der auch vorsieht, in den nächsten Jahren rund 40 Prozent des Schiennahverkehrs im Land auszuschreiben. Die Vergabe des Nordharz-Netzes von 2005 bis Ende 2017 sollte dazu ein erster Schritt sein.