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Aus für WaMu: Größte Pleite der US-Geschichte

26.09.2008, 14:28

New York/dpa. - Größte Banken-Pleite der US-Geschichte: Die einst führende amerikanische Sparkasse Washington Mutual ist unter den Lasten der Kreditkrise zusammengebrochen. In einem Notverkauf wird sie zu weiten Teilen vom Finanzkonzern J.P. Morgan Chase übernommen.

Inmitten des politischen Tauziehens um das staatliche Milliarden- Rettungspaket für die Bankenbranche hat die Finanzkrise damit einen neuen dramatischen Höhepunkt erreicht. Innerhalb von nur zwei Wochen fielen den Turbulenzen reihenweise große US-Finanzhäuser zum Opfer.

Washington Mutual (WaMu) ist als börsennotiertes Institut keine Sparkasse im deutschen Sinn. Darauf wies auch der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) am Freitag hin. Es gebe überdies keine Verbindung zu den Sparkassen in Deutschland.

J.P. Morgan Chase zahlt 1,9 Milliarden Dollar (1,3 Mrd Euro) für die von Washington Mutual übernommenen Einlagen und Filialen. Das gab die US-Sparkassenaufsicht am späten Donnerstagabend (Ortszeit) bekannt. Durch den Rettungskauf steigt J.P. Morgan zur nach Einlagen größten US-Bank auf mit 5400 Zweigstellen und Kundengeldern von rund 900 Milliarden Dollar auf.

Washington Mutual mit Sitz in Seattle (US-Bundesstaat Washington) erlitt in der Kreditkrise Milliardenverluste und büßte mehr als 90 Prozent ihres Börsenwerts ein. Zuletzt habe WaMu keine ausreichende Liquidität mehr gehabt, berichtete die US-Sparkassenaufsicht OTS (Office of Thrift Supervision).

Das Institut wurde deshalb zunächst unter staatliche Kontrolle gestellt. Der anschließende Verkauf an J.P. Morgan habe keine Auswirkungen für die Kunden und deren Einlagen von knapp 190 Milliarden Dollar. Die Filialen sollten am Freitag wie gewohnt öffnen. Aktionäre und Gläubiger der Sparkasse gehen jedoch den Angaben nach weitgehend leer aus.

Ab der Börse verlor die Aktie von J.P. Morgan Chase zum US- Handelsstart am Freitag rund drei Prozent auf 42,16 Dollar. WaMu- Aktien stürzten dagegen praktisch ins Nichts.

Die US-Sparkasse hatte sich während des Immobilienbooms massiv auf dem Hypothekenmarkt engagiert und verhoben. Zuletzt fielen in drei Quartalen hintereinander mehr als sechs Milliarden Dollar Verlust an. Verschärft wurden die Probleme durch den Kurssturz der Aktie und eine Herabstufung durch Ratingagenturen auf «Schrott»-Niveau. Am Schluss wurde die Lage lebensbedrohlich: In den vergangenen zehn Tagen hätten Kunden scharenweise insgesamt 16,7 Milliarden Dollar an Guthaben abgehoben, so die Aufsicht.

Dank der Übernahme werde der Einlagensicherungsfonds der Branche durch den Zusammenbruch nicht belastet, teilten die Behörden mit. Sonst hätte dies laut Analysten über 20 Milliarden Dollar gekostet.

WaMu hatte zuletzt eine Bilanzsumme von mehr als 300 Milliarden Dollar. Bei der zuvor größten US-Bankenpleite war im Jahr 1984 die Continental Illinois Corp. zusammengebrochen mit einem im Vergleich weit kleineren Vermögenswert von damals 40 Milliarden Dollar.

Die Sparkasse beschäftigte zur Jahresmitte mehr als 43 000 Mitarbeiter. Sie hatte 2200 Filialen in 15 US-Bundesstaaten mit einem Schwerpunkt in den Staaten Kalifornien, Washington und Florida. Zuletzt strich WaMu tausende Stellen und kürzte das Geschäft mit Hauskrediten radikal.

Wegen ihrer Probleme stand die Sparkasse bereits unter verschärfter staatlicher Aufsicht und hatte ihren Chef ausgewechselt. Erst vergangene Woche stellte sie sich selbst zum Verkauf. Mehrere Banken winkten aber Medienberichten zufolge ab.

J.P. Morgan Chase verschafft sich parallel zum Kauf durch die Ausgabe neuer Aktien eine Kapitalspritze zwischen 10 und 11,5 Milliarden Dollar. Auf faule Kredite von Washington Mutual schreibe die Bank umgehend 31 Milliarden Dollar ab. Konzernchef Jamie Dimon zeigte sich mit dem Preis für WaMu sehr zufrieden. Trotz eines Gewinneinbruchs verdaute J.P. Morgan die Kreditkrise bislang besser als viele Wettbewerber.

Im Zuge der Finanzkrise hatte J.P. Morgan in diesem Jahr bereits die notleidende US-Investmentbank Bear Stearns übernommen. Auch damals war der Staat am Zustandekommen des Geschäfts beteiligt. Der Finanzkonzern gab zudem bereits vor einigen Monaten ein Angebot für WaMu ab, blieb aber erfolglos.

Washington Mutual ist der jüngste dramatische Fall innerhalb von zwei Wochen mit historischer Umwälzungen der Branche: Die Investmentbank Lehman Brothers meldete Teilinsolvenz an und wird zerschlagen. Wettbewerber Merrill Lynch rettet sich in die Arme der Bank of America. Der Versicherungsriese AIG musste vom Staat durch einen Mega-Kredit vor dem Aus bewahrt werden und steht vor dem Verkauf weiter Konzernteile. Im laufenden Jahr ist in den USA außer WaMu bereits ein Dutzend kleiner und mittlerer Banken zusammengebrochen.

Die Rettungsaktion für WaMu wurde an der Wall Street in ersten Reaktionen zwiespältig aufgenommen. Der Kauf sei ein Zeichen der Stärke von J.P. Morgan Chase und damit positiv für den Finanzmarkt. Zugleich zeige die jüngste Notübernahme aber auch, dass die Kreditkrise noch lange nicht ausgestanden sei, sagten Experten.