1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Aufsichtsratssitzung bei VW: Aufsichtsratssitzung bei VW: Wirbel um Piëch und Porsche-Einstieg

Aufsichtsratssitzung bei VW Aufsichtsratssitzung bei VW: Wirbel um Piëch und Porsche-Einstieg

09.10.2005, 12:42

Wolfsburg/dpa. - Der Porsche-Einstieg bei Volkswagen und derStreit um VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch sorgen bei Europasgrößtem Autobauer weiter für Wirbel. Die VW-Aufsichtsräte wollensich an diesem Montag auf einer Sondersitzung in Wolfsburg mit der Beteiligung des Sportwagenherstellers befassen. Porsche hat sich nacheigenen Angaben bereits über 18,5 Prozent der Stammaktien gesichertund das Land Niedersachsen als größter Aktionär überrundet, das 18,2Prozent hält.

Porsche-Enkel und -Miteigentümer Piëch dürfte trotz zahlreicherBerichte über eine drohende Machtprobe oder sogar einen «Putsch»zunächst nicht um seinen Posten bangen müssen. Nach Medienberichtensteht die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat geschlossen hinter demChefaufseher und verhindert damit eine Mehrheit seiner Gegner. Auchbei der IG Metall war Piëch auf Unterstützung gestoßen. Kritikersehen in seiner Doppelfunktion bei VW und Porsche dagegen einenpermanenten Interessenkonflikt. Die Gegner wollen deshalb angeblichdie Gunst der Stunde nutzen und betrieben daher seine Ablösung.

Piëch selbst hat betont, er wolle bis zum Ende der Laufzeit 2007im Amt bleiben. Dem Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» sagte er: «Inmeiner Karriere haben schon einige versucht, mich rauszudrängen, esist noch keinem gelungen.»

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU), der dasLand im Aufsichtsrat vertritt, sagte in der «Neuen Presse» (Samstag)in Hannover, der VW-Aufsichtsrat werde sich nicht mit Gerüchten umeine Ablösung von Piëch beschäftigen. In der vergangenen Woche hatteWulff bereits erklärt, dass es darum gehen müsse, die Interessen derVW AG zu wahren. «So muss man zum Beispiel deutlich machen, dassVerträge zwischen VW und Porsche wie Verträge zwischen Drittengehandhabt werden.»

Die Rolle von Piëch als Chef des VW-Aufsichtsrates war auch früherschon kritisiert worden. Die Familien Piëch und Porsche halten dieStimmrechte bei dem Stuttgarter Autobauer. Und zudem ist Piech auchMiteigentümer der österreichischen Porsche-Holding, die in Österreichund weiten Teilen Osteuropas die Rechte am Vertrieb von VW-Fahrzeugenhat.

Wie der «Spiegel» weiter schreibt, wollen Piëchs Kritikerangeblich den einstigen Siemens-Chef Heinrich von Pierer alsChefaufseher bei VW installieren. Zu den Kritikern zähle auch derfrühere ThyssenKrupp-Chef Gerhard Cromme, der die Corporate-Governance-Regeln als Leiter einer Regierungskommission ausgearbeitethat und ebenfalls im VW- Aufsichtsrat sitzt. Reinhild Keitel von derSchutzvereinigung der Kapitalanleger forderte in der «BerlinerZeitung» (Samstag), «wegen der permanenten Interessenkonflikte mussHerr Piëch gehen. Jetzt erst recht».

Porsche strebt im VW-Aufsichtsrat nach unbestätigten Berichtenmindestens zwei Sitze an. Auch um diese Frage wird es am Montag beider Sondersitzung voraussichtlich gehen. Konkrete Ergebnisse seienjedoch nicht zu erwarten, hieß es. VW-Chef Bernd Pischetsrieder habePorsche inzwischen angeboten, den Stuttgartern den Erwerb weiterer3,4 Prozent VW-Aktien zu ermöglichen, schrieb der «Spiegel». Dieskönne über eine Kapitalerhöhung geschehen, bei der andere Aktionärevom Erwerb ausgeschlossen würden. Das Unternehmen gab dazu keinenKommentar ab.

Die Beteiligung von Porsche könnte dabei nach einem Bericht der«Automobilwoche» über eine reine Kapitalbeteiligung weit hinausgehen.Wie die Branchenzeitung aus Kreisen des Managements erfahren habenwill, erwäge Porsche-Chef Wendelin Wiedeking, Rohbau und Lackierungdes für 2009 avisierten Nobelcoupés Panamera an den VW-Konzern zuvergeben. Die besten Chancen auf den Zuschlag hat den Informationenzufolge das VW-Stammwerk Wolfsburg. Dort belasten seit langem ingroßem Umfang ungenutzte Kapazitäten die Geschäftsergebnisse.

Zuletzt legte die in die Krise geratene Traditionsmarke aberwieder zu. Im September lieferte Volkswagen weltweit 3,5 Prozent mehrAutos aus als im Vorjahresmonat und schaffte mit einem Plus von 3,7Prozent eine Trendumkehr auf dem US-Markt. «Die Zahlen belegen, dassunsere Modelloffensive in Europa verstärkt Kunden überzeugt», sagteVW-Vertriebsvorstand Georg Flandorfer am Sonntag in Wolfsburg.