«Arbeit und Leben» in Schkopau «Arbeit und Leben» in Schkopau: Bummelei wird mit Rausschmiss bestraft
Schkopau/MZ. - Katrin Schiebel hat es schon einmal mitder Gastronomie versucht in Franken, wo ihreEltern hingezogen sind, weil sie im Ostenkeine Arbeit bekommen haben. "Die Leute gehennicht auf einen zu", erklärt sie, warum siedie Lehre nun lieber in ihrer Heimatstadtmacht. Eigentlich habe siewollte eigentlichVerkäuferin werden. Aber das Arbeitsamt -Auftraggeber und Hauptfinanzier von der Berufsbildungs-Einrichtungin Schkopau - empfahl nach einem Eignungstestdie Hauswirtschaftslehre. Und so kocht KatrinSchiebel nun Graupensuppe und Pudding. Gutmacht sie das, meint der Leiter der Ausbildungsstätte,Wilfried Bittner. Er ist selbst Ausbilderund kennt die Geschichte des Barrackenarealsvis á vis zum Buna-Werk, das seit 1943 dieStationen Lager für Zwangsarbeiterinnen, Flüchtlingslager,Kindergarten, Betriebsberufsschule und BetriebsakademieBuna hinter sich hat. "Arbeit und Leben isthier seit 1991 aktiv", sagt Bittner. Und dasist nicht zu übersehen. Waren die Barrackeneinst grau und vergammelt, strahlen sie heute.
Die Jugendlichen haben einen großen Anteildaran. Kreative Anstriche, gepflasterte Wege,ein funktionierender Backofen - alles Handarbeit.Das entspreche den Fähigkeiten der Jugendlichen,die nach Schkopau kommen, so Bittner. Ausgebildetwerde in den Bereichen Lacke und Farben, Holz,Metall, Modellbau, Hauswirtschaft, Bau, Elektrotechniksowie Garten- und Landschaftspflege.
Wichtigste Basis für alles ist Vertrauen.Daran arbeiten die derzeit 33 Ausbilder undSozialpädagogen. Loben, kooperieren, Fähigkeitenerkennen und fördern, unnötigen Stress vermeiden- das ist das scheinbar schlichte Konzept.Es wirkt, obwohl die Probleme zunehmen. "Aufbruchstimmung,die etwa bis 1994 anhielt, ist einer gewissenFrustration und Gleichgültigkeit gewichen",so Bittner. Die Drogenproblematik habedamals noch keine Rolle gespielt. Inzwischenschon.
Trotzdem: Wer zu "Arbeit und Leben" kommt,begreift das als Chance. So auch SalvadorHanschke. Der 17-jährige Hallenser hat geradeein berufsvorbereitendes Jahr begonnen. Schuleund Berufsvorbereitung, die er zuvor andernortshingeschmissen hatte, will er jetzt nachholen.Sein Ziel: Maschinenmechaniker. Dass er sichjetzt zusammenreißen will und zurzeit im FachMetallverarbeitung fleißig an einem Brieföffnerfeilt, hat zwei Gründe: Ihm gefällt die Atmosphäre,und Bummelei würde mit Rausschmiss bestraft.
Rundum zufrieden ist auch Nadine Kaatz. Sieist 19 Jahre alt, Hallenserin, und macht eineMal- und Lackiererausbildung im zweiten Lehrjahr.Ihr Handikap: Eine Lese-Rechtschreibschwäche.Der reguläre Bewerbungsweg schied für Nadinedaher aus. Das Arbeitsamt, an das sie sichwandte, half mit einem Platz bei "Arbeit undLeben" in Schkopau. Dort ist die junge Frauecht gut, tobt sich mit Schmucktechniken undTapezieren aus. Mit AusbilderKlaus Jobst, der 35 Jahre in Kirchen gemalthat, steht ihr eine echte Kapazität zur Seite.
"Wir bemühen uns schon während der Ausbildungum Vermittlung", sagt Sozialpädagoge CarstenDirks. Und während der Ausbildung lasse mansich Zeit für Qualität. Wunder kann indesauch in Schkopau niemand verbringen. So stehtfür Nadine Kaatz fest: "Nach meiner Ausbildunggehe ich nach Frankfurt am Main. Dort gibtes 77 freie Stellen. In Leipzig nur eine."