Analyse Analyse: «Himmlische Ehe» zwischen Daimler und Chrysler in der Krise
Auburn Hills/Stuttgart/dpa. - Sollte DaimlerChrysler-ChefDieter Zetsche seiner Ankündigung von Mittwoch wirklich Taten folgenlassen, wäre das der bitterste Moment seiner noch kurzen Amtszeit alsVorstandschef. Damit könnte die vor neun Jahren geschlossene Hochzeitim Autohimmel, wie Zetsches Vorgänger Jürgen Schrempp in einer erstenEuphorie den transatlantischen Industriezusammenschluss genannthatte, vor einer irdischen Scheidung stehen.
Erst die vermeintlich erfolgreiche Sanierung des US-Unternehmenshatte Zetsche an die Spitze von DaimlerChrysler gebracht. Nun musssich der Mann mit dem markanten Schnauzbart schwere Managementfehlerin den USA vorwerfen lassen: Die Produktpalette von Chrysler istveraltet und die großen Spritfresser stehen unbeachtet in den Hallender Händler. Damit muss sich der drittgrößte US-Autobauereingestehen, einen Trend verschlafen zu haben.
Mehr als 26 000 Jobs hatte Zetsche bei seiner erstenTotalsanierung von Chrysler gestrichen, nun sollen rund 13 000weitere folgen und ein Werk geschlossen werden. Das Murren in derBelegschaft über diese Kahlschlagpolitik, der auch in der MercedesCar Group im vergangenen Jahr fast 10 000 Arbeitsplätze zum Opferfielen, wurde in den vergangenen Monaten immer lauter. Die Stimmungnähere sich derzeit dem Gefrierpunkt, ist aus der StuttgarterZentrale sowie in US-Gewerkschafterkreisen zu vernehmen. DerSympathiebonus von «Doktor Z.», wie der Spitzname von Zetsche lautet,scheint lange aufgebraucht zu sein.
Der Druck auf Zetsche kommt aber nicht nur von innen. DasHerumdoktern bei dem Verlustbringer Chrysler scheint auch imAufsichtsrat immer mehr zu Unmut zu führen. Das geplanteKleinwagenprojekt mit dem chinesischen Autobauer Chery wird offenbarähnlich verhalten betrachtet, wie die Ankündigung von Zetsche, dieMarken Daimler-Benz und Chrysler enger zu verzahnen und gemeinsameProduktionsplattformen zu entwickeln.
Der operative Verlust bei Chrysler lag 2006 bei 1,1 MilliardenEuro, nachdem im Jahr zuvor noch ein Plus von 1,5 Milliarden Euroverbucht worden war. Wegen das Abrutschens in die roten Zahlen hatteder Gesamtkonzern seine Prognose deutlich reduzieren müsse. Statt wiegeplant den operativen Gewinn auf 6 Milliarden zu steigern, wurde nunlediglich ein Anstieg von 5,2 Milliarden auf 5,5 Milliarden Eurorealisiert.
Die Botschaft von Gesamtbetriebsratschef Erich Klemm an Zetscheist daher eindeutig: Der Vorstandschef muss endlich handeln, damitdie wieder erstarkte Marke mit dem Stern nicht in den finanziellenAbwärtsstrudel von Chrysler gerät, forderte der stellvertretendeAufsichtsratsvorsitzende. Es sei deutlich geworden, dass dieSynergiepotenziale zwischen Mercedes-Benz und Chrysler begrenztseien.