Analyse: Anleger-Angst fegt Goldmarkt leer
Frankfurt/Main/dpa. - Mit der jüngsten Zuspitzung der Krise an den Finanzmärkten wollen immer mehr Anleger in den «sicheren Hafen» Gold flüchten. Doch spätestens am Bankschalter zeigt sich ein ernstes Problem: Das Gold in Form von Münzen oder Barren ist weitgehend ausverkauft.
Überall in der Bundesrepublik melden die Banken einen beispiellosen Ansturm auf das gelbe Edelmetall. Schon heißt es, dass Händler in den Banken selbst Bestellungen der verunsicherten Privatkunden nicht mehr entgegen nehmen.
«Gold ist weitestgehend ausverkauft, auch bei uns im Hause.» So kommentiert der Chef-Analyst der Bremer Landesbank, Folker Hellmeyer, die Lage auf dem Goldmarkt. So etwas habe es in dieser Breite historisch bisher kaum gegeben. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch im Süden der Republik. Auch bei der Landesbank Baden-Württemberg berichten die Händler «von einer unglaublich hohen Nachfrage». Gängige Goldmünzen wie der «Krügerrand» seien bereits seit längerem ausverkauft. Nun wichen die Anleger auch zunehmend auf «exotische Goldmünzen» aus.
Selbst in der Bankenmetropole Frankfurt ist das Problem zu spüren. Goldhändler berichten von einer kräftig steigenden Nachfrage nach Gold und von starken Lieferengpässen, heißt es beispielsweise bei der Commerzbank. Auch dort melden die Händler, dass «einige Münzen restlos ausverkauft» seien. Keiner der Experten kann sich erinnern, dass die Nachfrage nach dem gelben Edelmetall jemals derart hoch gewesen sei.
Die Engpässe sind nicht auf Deutschland beschränkt. Weltweit melden die Münzanstalten «eine präzedenzlose Nachfrage nach Goldmünzen», sagte der Rohstoffexperte Eugen Weinberg von der Commerzbank. Das Angebot könne mit der rasanten Nachfrage einfach nicht Schritt halten. Und schon werfen Experten die Frage auf: Warum können die Anleger jetzt in der Krisenphase nicht in gewünschten Mengen Gold kaufen?
Experte Hellmeyer von der Landesbank Bremen beschreibt die Situation als zunehmend grotesk. Die Zentralbanken müssen einfach Gold in den notwendigen Mengen zur Verfügung stellen, forderte der Experte. Sein Kollege Weinberg sieht in der Zurückhaltung der Notenbanken, Teile ihrer Goldbestände auf den Markt zu werden, einen direkten Zusammenhang zur Finanzkrise. Viele Zentralbanken seien einfach nicht mehr bereit, ihr Gold an Banken auszuleihen, weil man offensichtlich einen Ausfall der Institute befürchtet. Dies verknappe den bereits deutlich eingeengten Markt noch weiter.
Der Goldpreis ist im Zuge der jüngsten dramatischen Zuspitzung der Finanzkrise zwar deutlich gestiegen und zeitweise über die Marke von 900 US-Dollar je Feinunze (etwa 31 Gramm) geklettert. Zuletzt ist der Goldpreis aber wieder zurückgefallen und stand zuletzt nur noch bei 886 Dollar. Dabei ist für Goldkäufer im Euroland aber zu beachten, dass der Dollar seit einiger Zeit wieder deutlich zum Euro an Wert gewonnen hat.
Auch für den Experten Hellmeyer stellt sich der Anstieg des Goldpreises in den vergangenen Tagen der Krise «als absolut moderat dar». Eigentlich hätte der Preis viel stärker in Richtung der Rekordmarke knapp über 1000 Dollar steigen müssen. Wenn Gold, wie viele sagen, ein Relikt von gestern sei, «dann sollte man den Markt frei einen Gleichgewichtspreis finden lassen», forderte Hellmeyer. Aber vielleicht ist das Gold nach seiner Einschätzung nicht das «Relikt von gestern sondern vielmehr ein wesentliches Asset von morgen».