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Airbus Airbus: Menschenketten gegen Sparplan «Power8»

16.03.2007, 10:54
Vor dem Airbuswerk im oberschwäbischen Laupheim klebt am Freitag (16.03.2007) eine Mitarbeiterin einen herzförmigen Aufkleber. (Foto: dpa)
Vor dem Airbuswerk im oberschwäbischen Laupheim klebt am Freitag (16.03.2007) eine Mitarbeiterin einen herzförmigen Aufkleber. (Foto: dpa) dpa

Hamburg/dpa. - In Deutschland kamen nach Gewerkschaftsangaben allein rund 20 000Airbus-Arbeitnehmer sowie ihre Freunde und Angehörigen zu einerzentralen Kundgebung auf der Hamburger Reeperbahn zusammen. 15 500Teilnehmer seien mit Bussen angereist. Die Polizei sprach dagegen von10 000 Demonstranten.

Mit einer Menschenkette rund um das Werk Laupheim in Baden-Württemberg protestierten mehr als 2000 Airbus-Mitarbeiter und Bürgergegen den geplanten Verkauf des Standortes. In Frankreich nahmen fast10 000 Menschen an den Aktionen im Rahmen eines europaweitenProtesttages teil, in Spanien mehrere tausend. Auch in Großbritannienlegten hunderte Airbus-Beschäftigte die Arbeit nieder.

IG Metall-Chef Jürgen Peters bekräftigte den Widerstand derArbeitnehmer gegen das Airbus-Sanierungsprogramm «Power8», das denAbbau von 10 000 Stellen und Werksverkäufe vorsieht. «Das ist einPlan, den wir nicht akzeptieren», sagte der Gewerkschaftschef inHamburg. Er forderte Nachbesserungen und kündigte ein gemeinsamesKonzept der Gewerkschaften an. Airbus werde aus den «eigenen Reihenschlecht geredet». Das Unternehmen habe begehrte Produkte undübervolle Auftragsbücher.

«Wir kämpfen niemals gegen unsere Kollegen in Frankreich», sagtePeters. Die Arbeitnehmer ließen sich nicht gegeneinander ausspielen.Er kritisierte heftig das Versagen des Airbus-Managements bei derPlanung des weltgrößten Passagierflugzeugs A380. «Wir sind es leid,wieder und wieder die Zeche zahlen zu müssen», sagte Peters.

Unterstützung erhielt der Gewerkschaftschef von der Politik.Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) griff dasAirbus-Management scharf an und forderte Nachbesserungen bei«Power8». «Ich sehe nicht ein, dass die Manager die Fehler machen unddie Arbeiter für die Fehler am Ende bezahlen müssen», sagte Wulff inHamburg.

«Weg mit Power8», rief der französische Chef des EuropäischenAirbus-Betriebsrats, Jean-François Knepper, vor einer großenapplaudierenden Menge in Toulouse. An der zentralen Kundgebung vorder Airbus-Zentrale nahmen nach Gewerkschaftsangaben etwa 7000Menschen teil, die Polizei sprach von 5500.

Das umstrittene Sparprogramm von Airbus sieht allein in Frankreichden Abbau von 4300 Stellen vor - davon 1100 in der Airbus-Zentrale inToulouse, in Deutschland sollen 3700 Stellen wegfallen - inGroßbritannien 1600 und in Spanien 400. Für die Werke in Varel(Niedersachsen) und Laupheim (Baden-Württemberg) mit zusammen 2500Beschäftigten sucht Airbus Käufer. Eine Konzentration von zwei aufein Werk erfolgt voraussichtlich im französischen St. Nazaire. FürNordenham (Niedersachsen) mit 2200 Beschäftigten sowie Fulton inGroßbritannien und Méaulte in Frankreich soll mit Industriepartnernverhandelt werden.

«Wir stehen an ihrer Seite,» rief Wulff den protestierendenAirbus-Beschäftigten in Hamburg zu. Die Politik werde alles tun, umdie Hochtechnologie-Standorte in Deutschland zu retten. «DasSanierungsprogramm reicht nicht aus», sagte Wulff. Dagegen erklärteein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums, die Bundesregierungbegrüße das Programm «Power8» so wie es beschlossen sei. Nun liefendie Umsetzung und die Gespräche mit dem Unternehmen.

Auch der baden-württembergische Ministerpräsident GüntherOettinger warf der Airbus-Führung schwere Fehler vor. «Am Fleiß undam Einsatz der Arbeitnehmer liegt es nicht, dass Airbus in der Krisesteckt.» Die Politik werde den «friedlichen, aber harten Kampf» derGewerkschaften in ganz Europa tatkräftig unterstützen. Von derAirbus-Spitze forderte Oettinger Klarheit über Details der geplantenSanierung und Nachbesserungen an «Power8». Die Manager müssten nun«die Karten auf den Tisch legen». Er sehe nicht, was der Verkaufeinzelner Werke bringen soll.

Mit dem Sanierungsplan «Power8» reagiert Airbus auf dieMilliardenbelastungen durch die Produktionsverzögerungen beimRiesenjet A380. Zugleich sollen eine kostengünstigere neueOrganisationsstruktur und Fertigung für künftige Flugzeugprogrammegefunden werden.

Neben der kilometerlangen Menschenkette in Laupheim hatten dieAirbus-Mitarbeiter in einer weiteren Aktion auf den Zufahrtsstraßenzum Werk rote Holzherzen aufgestellt. Aus Solidarität mit ihrenAirbus-Kollegen ließen die Beschäftigten des Eurocopter-Werkes inDonauwörth (Bayern) am Freitag für rund eine Stunde die Arbeit ruhen.Rund 1500 der Eurocopter-Mitarbeitern nahmen nach Angaben der IGMetall in Donauwörth an einer Kundgebung teil. Eurocopter gehört wieAirbus zum europäischen Flugzeugbau- Rüstungskonzern EADS.

Der Co-Chef des Europäischen Airbus-Betriebsrats Knepperbefürchtet, dass «Power8» der Zerschlagung von Airbus dient. «Zielder Direktion ist es, Airbus stückchenweise zu verkaufen»,kritisierte er in Toulouse. Beim Treffen des EuropäischenBetriebsrats am kommenden Montag würden die Arbeitnehmervertreterfordern, auf eine Veräußerung der gefährdeten Airbus-Werke zuverzichten und die Arbeitsplätze zu erhalten.

In den französischen Airbus-Werken in Nantes sowie St. Nazairelegten den Organisatoren zufolge 2000 Mitarbeiter die Arbeit nieder.Die Protestierenden skandierten «Nein, nein, nein zu Power8». InSpanien kam es zu Protesten an allen Fertigungsstätten von Airbus undder Konzernmutter EADS. Rund 80 Prozent der Beschäftigten hätten sichbeteiligt, berichteten Gewerkschaftsvertreter. Airbus und EADSbeschäftigen in Spanien rund 9000 Menschen.