1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Afrikaner kritisieren neue EU-Handelsabkommen

Afrikaner kritisieren neue EU-Handelsabkommen

09.12.2007, 12:15

Lissabon/dpa. - Die Afrikanische Union (AU) hat ihre Kritik an den von der EU vorgeschlagenen Abkommen zur Wirtschaftspartnerschaft (EPA) bekräftigt. «Die afrikanischen Staaten sind nicht mehr nur Exporteure von Rohstoffen oder einfache Exportmärkte», sagte der Präsident der AU-Kommission, Alpha Oumar Konaré.

«Es ist wichtig, dass wir Denkweisen vermeiden, die in eine vergangene Zeit gehören. Arme Länder dürfen nicht in unfaire Abkommen gezwungen werden», sagte Konaré am Samstag auf dem EU-Afrika-Gipfel in Lissabon.

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy unterstützte die Kritik. «Ich glaube nicht, dass alle afrikanischen Länder heute in der Lage sind, einen Liberalismus zu akzeptieren, der für große Unordnung sorgen würde», sagte er. Die Wirtschaft Afrikas dürfe «nicht erstickt» werden. «Man muss diesen Ländern eine Übergangszeit garantieren, bevor man sie ohne Schutz in einen Markt entlässt, in dem sie die Brutalität des Handels nicht überstehen.»

Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte: «Entwicklung kann es nur geben, wenn wir faire Rohstoffabkommen mit Afrika haben. Hier hapert es bezüglich mancher Verträge noch.» Die Europäer achteten auf «gute Verträge». «Aber die Afrikaner haben auch eine faire Entwicklungschance», sagte Merkel. «Darauf werden wir achten und dazu verpflichtet sich auch die EU.»

Die EU hatte den 78 Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifiks (AKP-Staaten) den Abschluss von EPAs vorgeschlagen, nachdem die Welthandelsorganisation WTO bereits im Jahr 2000 die derzeitige Regelung für illegal erklärte und eine Frist bis 2007 setzte. Bisher gibt es in der EU für Importe aus den AKP-Staaten keine Zölle und keine Mengenbeschränkungen. Die WTO fordert Gegenleistungen der AKP- Staaten, damit andere Länder nicht benachteiligt werden. EU- Entwicklungskommissar Louis Michel verteidigte die vorgeschlagenen EPAs. Sie sähen vor, dass die AKP-Staaten keineswegs alle Märkte für Exporte der EU öffnen müssen. Außerdem seien Übergangsfristen von bis zu 20 Jahren geplant. Eine Überschwemmung der AKP-Märkte mit billigen EU-Gütern drohe nicht.

Afrika wird für die EU zunehmend als Wirtschafts- und Handelspartner interessant. Denn der Kontinent erzielt seit mehreren Jahren Wachstumsraten von über fünf Prozent. Für dieses Jahr wird nach Angaben der Afrikanischen Entwicklungsbank (BAD) in Afrika ein Wirtschaftswachstum von 5,9 erwartet und für 2008 von 5,7 Prozent. Dies gehe zu einem großen Teil auf die hohen Preise zurück, die afrikanische Staaten beim Export von Rohstoffen wie Erdöl, Aluminium, Kupfer oder Gold erzielten.

«Die große Herausforderung besteht nun darin, dieses Wachstum in einen dauerhaften wirtschaftlichen Aufschwung umzuwandeln, der von den Rohstoffpreisen unabhängig ist», sagte Louis Kasekende von der BAD am Rande des Gipfels. Der UN-Experte Carlos Lopes betonte: «Afrika übertrifft mit seiner Wachstumsrate die meisten Regionen der Welt, sogar den Südosten Asiens.» Afrika sei nicht mehr der Krisenkontinent, wie man ihn aus den 90er Jahren kenne.

Sarkozy sagte, die AKP-Länder bekämen für Produkte wie Baumwolle keineswegs Marktpreise. Die Preise seien auch «manipuliert». «Ich meine, dass der Kaffeepreis nicht von zehn Brokern in London oder New York entschieden werden kann», sagte er. «Ich bin für die Globalisierung, ich bin für Freiheit, aber ich bin nicht für die Beraubung jener Länder, die sowieso nichts haben.» Der senegalesische Präsident Abdoulaye Wade sagte: «Wir sind uns über fast alles einig. Wenn es noch ein Problem gibt, dann ist es der Handel.» Europa dürfe den Afrikanern in den Verhandlungen «keine Zwangsjacke anlegen».

Im Rennen um Rohstoffe und Absatzmärkte in Afrika macht China den Europäern erfolgreich Konkurrenz. Die Brüsseler Zeitung «La Libre Belgique» enthüllte Einzelheiten eines chinesischen Milliardendeals mit der ehemaligen belgischen Kolonie Kongo. Über einen Zeitraum von 30 Jahren will die Demokratische Republik Kongo einer Gruppe chinesischer Firmen «ihre Versorgung mit Rohmetallen garantieren», zitiert die Zeitung aus dem Protokoll der Vereinbarung vom 17. September. Die Chinesen erwarteten die Lieferung von acht Millionen Tonnen Kupfer, 200 000 Tonnen Kobalt und 372 Tonnen Gold. Im Gegenzug wollen die Chinesen zwölf Straßen, drei Autobahnen, eine Eisenbahnlinie, 32 Krankenhäuser, 145 Gesundheitszentren, zwei Universitäten und 5000 Sozialwohnungen im Kongo bauen.