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Abwrackprämie Abwrackprämie: Nur zum Schein in der Schrottpresse

Von JUTTA MAIER 11.08.2009, 17:43

FRANKFURT (MAIN)/MZ. - Bis zu 50000 Autos, schätztAlbishausen, würden im Jahresverlauf nachAfrika, vor allem nach Ghana, oder Osteuropaverkauft, statt entsorgt zu werden. 125 MillionenEuro gerieten so in die Hände organisierterKrimineller. Das Bundesamt für Wirtschaftund Ausfuhrkontrolle (Bafa) wiegelt ab: Esgebe nur 100 Betrug-Verdachtsfälle.

Viel kriminelle Fantasie

Nach Mankes Einschätzung liegt die Zahl"irgendwo zwischen 10000 und 100000 Autos".Denn "rein rechnerisch", sagt Manke, "würdesich Betrug lohnen." Die zum Abwracken angemeldetenAutos seien in der Regel mindestens noch 1000Euro wert, und der Bedarf etwa in Osteuropasehr hoch. Das entfache kriminelle Fantasien.Zumal die Schrottpreise in diesem Jahr mitetwa 50 Euro pro Tonne absolut im Keller seien.Manke, der selbst mit illegalen Geschäftennichts am Hut hat, wie er versichert, istsich sicher, dass sich von den rund 1400zertifizierten Demontagebetrieben in Deutschlandder eine oder andere zum Betrug verleitenlässt. Nach Einschätzung von Gottfried Höll,Geschäftsführer der Deutschen Autoverwerter,sind die geschätzten 50000 Fahrzeuge nurdie Spitze des Eisberges. Im Deutschlandfunksagte er, das Abwracken lohne sich für dieDemontagebetriebe nicht. Nach seinen Angabensuchen Strohmänner die Autoverwerter auf undbieten ihnen etwa 2500 Euro für ein Fahrzeugmit dem Hinweis an, andere Verwerter handeltengenauso. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH)hat recherchiert, dass sich auch Autohäuserein Zubrot damit verdienen, Verwertungsbescheinigungenfür Fahrzeuge auszugeben, die sie noch gewinnbringendveräußern können.

Experten sind sich einig, dass es nicht ganzeinfach ist, die Methoden rechtlich als Betrugeinzuordnen. Da es sich nicht um ein Gesetz,sondern um eine Richtlinie handle, begingendie Täter lediglich eine Ordnungswidrigkeit,so Manke. "Außerdem stellt sich die Frage,wer der Geschädigte sein soll." Darüber hinausseien die zu erwartenden Strafen gering. Auchder Frankfurter Strafverteidiger Philip Leichthammergibt zu, dass der Tatbestand schwierig ist.Er hält es jedoch für möglich, dass einemunehrlichen Autoverwerter Betrug oder Urkundenfälschungzur Last gelegt werden könnte. Man könnees beispielsweise so auslegen, dass der Abwrackbetriebdie Regierung täuscht, indem er schriftlichversichert, das Altfahrzeug abzuwracken, umes dann illegal weiterzuverkaufen, woraufhinder Halter fälschlicherweise 2500 Euro ausgezahltbekomme. "Das müsste ausreichen für Betrug."Bei einmaligen Vergehen drohten zwar nur biszu fünf Jahre, bei "gewerbsmäßigem" Betrugseien jedoch bis zu zehn Jahre möglich.

Manke spricht von "mehr als ein Dutzend Variantendes Betrugs". Tatsächlich scheint es kinderleichtzu sein, den vom Bafa geforderten Verwendungsnachweisfür das Fahrzeug zu fälschen. "Einfach imInternet bestellen und eine fiktive Autoverwertungangeben", sagt Manke. Seit März muss zwarder Original-Fahrzeugbrief des Altautos beider Bafa abgegeben werden - doch selbst dieseVorsichtsmaßnahme ist nicht wirklich ein Problemfür die Autoschieber. Mit einem guten Farbkopiererlasse sich eine Fälschung herstellen, dieBehörden im Ausland zufrieden stelle, sagtManke. "Die Autos werden dann im Bakschisch-Verfahrenwieder angemeldet."

Und wie kommen die vermeintlichen Abwrack-Autosüber die Grenze? Am weitesten verbreitet seidie Schlepper-Methode, vermutet Manke: Diesewürden die Autos über die Grenze fahren undseien mit den Zollbeamten gut gestellt. Oderdie Autos würden in zu verschiffenden Containernversteckt.

Betrug schwer zu ermitteln

, die eigentlich mit Autoteilen beladen sind.ArnisPetrick, Sprecher der BundesfinanzdirektionNord und zuständig für das Hauptzollamt HamburgNord, kennt solche Fälle, allerdings ginges dabei um Neufahrzeuge, die außer Landesgebracht werden sollten. Von der versuchtenAusfuhr vermeintlicher Abwrack-Autos sindihm für den Hamburger Hafen etwa fünf Fällebekannt. Er räumt allerdings ein, dass Abwrackautosvon anderen Altfahrzeugen für die Zollbehördennicht zu unterscheiden sind.<$7> Für eineAusfuhrgenehmigung seien nur Baujahr, Fahrzeugtypund Fahrgestellnummer erforderlich, die Fahrzeugpapierenur in Verdachtsfällen.

Weitere Betrugsvarianten: Gefälschte, ausländischePapiere und Kennzeichen werden mit der Postnach Deutschland verschickt, dann kann dasvermeintliche Abwrack-Fahrzeug über die Grenzegeschafft werden. Sei das Auto erst mal imAusland, werde es schwer, einen Betrug zuermitteln.

Im außereuropäischen Ausland tendieredie Aufdeckungsrate sogar gegen Null.

Selbst in Deutschland gibt es keineswegs einelückenlose Kontrolle. Anfang des Jahres konntenTestpersonen ein angeblich abgewracktes Autosogar in Deutschland noch einmal anmelden,wie das ARD-Magazin Monitor und die DeutscheUmwelthilfe nachwiesen. Das Problem sei, sagtManke, dass das Bafa und das dem Verkehrsministeriumunterstellte Kraftfahrt-Bundesamt mit Hauptsitzin Flensburg getrennte Karteien führten. Wenndie Polizei wegen eines verdächtigen Fahrzeugesin Flensburg nachfrage, erfahre sie nicht,ob es schon abgewrackt sein müsste. Denn dieseDaten speichert nur das dem Wirtschaftsministeriumunterstellte Bafa. Für die Polizei wären dieErmittlungen einfacher, wären alle Daten zentralgespeichert. Von zusätzlichen Kontrollen beiSchrotthändlern, wie von FDP und CDU gefordert,die bereits nach der Gründung einer "SoKoAbwrackprämie" riefen, hält Manke dagegennichts.

Bei der Bafa heißt es, Datenschutzgründe sprächendagegen, Daten zu Abwrack-Fahrzeugen "flächendeckend"weiterzugeben. Das gelte auch für die Übermittlungan Polizei und Zoll. Bei konkreten Anfragenzu Verdachtsfällen gebe die Behörde jedoch"innerhalb von zehn Minuten" Auskunft. EinSprecher des Wirtschaftsministeriums gibtzu bedenken, dass strengere Kontrollen mehrBürokratie und erhebliche Verzögerungen beider Auszahlung der Prämie zur Folge hätten.