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Neuer HFC-Nachwuchschef im InterviewJens Kiefer: „Lieber ein bisschen mehr Risiko als zu wenig“

Im Interview spricht der neue Nachwuchschef Jens Kiefer über falsche Schwerpunkte in der Ausbildung, Ergebnisse und den Stand beim Bau des neuen NLZ.

Aktualisiert: 14.09.2022, 09:25
HFC-Nachwuchschef Jens Kiefer beim Besuch im MZ-Verlagshaus. (Foto: Kitsche)

Halle (Saale)/MZ - Im Juniorenbereich erlebte der Hallesche FC in der vergangenen Saison große Enttäuschungen: Sowohl die U19 als auch die U17 stiegen aus der Bundesliga ab. Seit Anfang August ist der Saarländer Jens Kiefer neuer Nachwuchschef und soll den Bereich wieder voranbringen.

Christopher Kitsche sprach mit dem 47-Jährigen darüber, welche Schwerpunkte er bei der Talenteausbildung setzen will und wie es um die Zertifizierung des Nachwuchsleistungszentrums steht. Auch das anstehende Drittligaduell zwischen dem HFC und Kiefers Heimatverein Elversberg, aktuell Spitzenreiter, war Thema.

Herr Kiefer, am Samstag trifft Ihr Heimatverein SV Elversberg im Leuna-Chemie-Stadion auf Ihren neuen Arbeitgeber Hallescher FC. Da sind Sie doch bestimmt im Stadion.
Jens Kiefer: Nein, ich werde nicht vor Ort sein. Schließlich bin ich für den Nachwuchs zuständig und nicht für die Profis. Also werde ich mir das Spiel der U17 bei Dynamo Dresden anschauen.

Den furiosen Start der Elversberger als Aufsteiger werden Sie trotzdem verfolgt haben. Waren Sie davon überrascht?
Ich war ehrlich gesagt nicht sonderlich überrascht. Die Mannschaft war schon in der Regionalliga sehr gut und ist weitestgehend zusammengeblieben. Horst Steffen halte ich für einen sehr guten Trainer. Dann hat sich der Verein genau auf den Positionen verstärkt, auf denen noch Verbesserungsbedarf bestand. Ich erwarte gegen den HFC ein interessantes Spiel, weil beide Mannschaften einen spielerischen Ansatz wählen.

Kommen wir zu Ihrem Kernthema, dem Nachwuchs. Wie sind Ihre ersten Eindrücke?
Ich bin immer noch im Kennlernprozess und schaue mir so viele Spiele und Trainingseinheiten wie möglich an, von allen Mannschaften, sei es U11 oder U19. Der erste Schritt war, meine Idee vom Fußball in der Ausbildung den Trainern aller Altersklassen nahe zu bringen.

Wie sieht die aus?
Ganz grob gesagt: Mir geht es um mehr Individualität in der Ausbildung. Besonders im unteren Bereich sollen die Mannschaften nach vorn spielen, viel dribbeln - lieber ein bisschen mehr Risiko, als zu wenig. Offensive Zweikampfführung wurde meiner Meinung nach in den vergangenen Jahren in der Ausbildung generell vernachlässigt. Ich habe Partien im U13-Bereich gesehen, da wurde schon Mittelfeldpressing praktiziert. Die Spieler verschieben von links nach rechts und am Ende geht das Spiel Null zu Null aus. Wir sollten davon wegkommen, alles über Taktik zu definieren. Ich bin kein Freund davon, starre Spielsysteme im Nachwuchs vorzugeben, die Spieler sollten viele verschiedene kennenlernen.

Wie wichtig sind neben der individuellen Ausbildung die Ergebnisse im Nachwuchs?
Es ist nun mal so, dass viele Leute nur auf das Äußere, die Ergebnisse, schauen und nicht, was in der Verpackung drinnen ist. Am Ende geht es also um beides. Je tiefer die Altersklasse, umso mehr sollte die Ausbildung im Vordergrund stehen. Im oberen Bereich muss man den Jungs aber auch erklären, dass es darum geht, Resultate zu liefern.

Die U17 und die U19 des HFC spielen nur noch in der Regionalliga. Lassen sich dort Spieler für das Drittliga-Profiniveau ausbilden?
Ich denke absolut, dass das auch in der Regionalliga möglich ist. Der Vorteil dort ist, dass unsere Teams in dieser Spielklasse mehr Ballbesitz haben, anstatt in der Bundesliga vornehmlich hinterher zu laufen. Am Ende will sich aber jeder mit den Besten messen. Es wäre fatal zu sagen, dass wir nicht aufsteigen wollen.

Das größte Thema bleibt der Bau des neuen Nachwuchsleistungszentrums. Die Zertifizierung ist noch nicht abgeschlossen. Mit gravierenden Folgen: Im Sommer konnten mehrere Talente ablösefrei aus Halle nach Magdeburg wechseln.
Natürlich wäre es auf Dauer problematisch, wenn wir aus diesem Grund Spieler verlieren. Unabhängig von der täglichen Arbeit sind für die Zukunft zwei Dinge elementar wichtig: Dass das Gelände fertiggestellt wird und dass die Zertifizierung erfolgreich verläuft. Das eine bedingt das andere.

Wie ist der aktuelle Stand?
Wir haben alle Unterlagen eingereicht. Die organisatorischen und personellen Voraussetzungen sind gegeben. Auf dem Gelände wird es drei Großfeldrasenplätze und zwei Kunstrasenplätze geben. Im nächsten Jahr soll das NLZ zertifiziert werden.

Wie sehen Sie darüber hinaus den Standort Halle im Vergleich zu anderen Vereinen?
Wir haben natürlich große Konkurrenten vor der Tür. Die absoluten Top-Spieler verliert man in der Regel an die großen Vereine wie Hertha BSC oder RB Leipzig. Da müssen wir realistisch sein. Die dicht dahinter zu halten, das sollten wir schaffen. Das muss unser Bestreben sein, dann sind wir gut aufgestellt.

Zuletzt bekamen mit Luca Bendel, Lucas Halangk und Timm Koch drei Nachwuchsspieler Profi-Verträge. Wie ist die Zielsetzung für die nächsten Jahre?
So viele Spieler wie nur möglich sollen den Sprung zu den Profis schaffen. Das ist oberstes Ziel unserer Arbeit. Drei Spieler aus einem Jahrgang, das ist schon eine stolze Quote. Wenn wir die beibehalten könnten, wäre das top.

In Halle wartet also jede Menge Arbeit auf Sie. Warum haben Sie trotzdem den weiten Weg aus dem Saarland in den Osten gewagt?
Ich wollte noch einmal etwas Neues wagen. In den Gesprächen mit Ralf Minge und Oliver Kühr hatte ich das Gefühl, dass ich mit meiner direkten Art hierher passe. Ich bekomme viel Rückendeckung und bin überzeugt, dass wir hier gemeinsam etwas bewegen können.

Zur Person Jens Kiefer: Der gebürtige St. Ingberter Kiefer war bisher vor allem in seiner Heimat tätig. In der Saison 2012/13 stieg er mit dem SV Elversberg als Cheftrainer in die dritte Liga auf. Nach einer Niederlage beim HFC (0:2) trat er zurück, um sich auf seine Ausbildung als Fußballlehrer zu konzentrieren. Die absolvierte er unter anderem mit dem heutigen HFC-Trainer André Meyer. Er war auch Coach in Trier sowie Homburg und zuletzt Nachwuchschef in Elversberg.

Halle (Saale)/MZ - Im Juniorenbereich erlebte der Hallesche FC in der vergangenen Saison große Enttäuschungen: Sowohl die U19 als auch die U17 stiegen aus der Bundesliga ab. Seit Anfang August ist der Saarländer Jens Kiefer neuer Nachwuchschef und soll den Bereich wieder voranbringen.

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