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Kommunalwahl in Halle Die MZ ist im Wahlbereich eins vor Ort: Neustädter wollen weg vom Begriff „Platte“

Etliche Bürger haben am Montag die Gelegenheit genutzt, um mit MZ-Journalisten vor dem Neustadt-Center über ihren Stadtteil und Wahlbereich eins ins Gespräch zu kommen. Viele lehnen eine Stigmatisierung ab und machen sich Sorgen um die Zukunft des Einkaufszentrums.

Von Tanja Goldbecher 06.05.2024, 18:00
Beim MZ-vor-Ort-Termin kam Redakteurin Tanja Goldbecher (links) mit Martina Scholz (Mitte) und Hannelore Gubsch ins Gespräch.
Beim MZ-vor-Ort-Termin kam Redakteurin Tanja Goldbecher (links) mit Martina Scholz (Mitte) und Hannelore Gubsch ins Gespräch. Foto: Dirk Skrzypczak

Halle (Saale)/MZ. - Einst galt es als Privileg, in einem Plattenbau in Halle-Neustadt zu wohnen. Fernwärme und ein eigenes Bad erschienen den DDR-Bürgern Ende der 60er-Jahre als purer Luxus. Doch dieses Image hat sich mittlerweile gewandelt. Mehrere Neustädter haben am Montag beim Infostand der MZ vor dem Neustadt-Center berichtet, dass sie sich abgestempelt fühlen.

„Für mich klingt der Begriff Plattenbau abwertend“, sagte Gerhard Kamenz. Das Klischee sei, dass nur noch arme Menschen in einer „Platte“ lebten. Doch er habe sich ganz bewusst für den Stadtteil und eine Wohnung in einer Großwohnsiedlung entschieden. Er kenne seine Nachbarschaft gut. Auch die drei syrischen Familien würden sich ohne Probleme in die Gemeinschaft einfügen.

Auch Harry Jankowski wünscht sich, dass beim Thema Neustadt nicht immer von Plattenbauten die Rede ist. Die Häuser hätten damals für schnelles und modernes Bauen gestanden und vielen Menschen ein Zuhause geschenkt. Viele hätten das Vorurteil im Kopf, dass heute nur noch Rentner und Kriminelle in ihnen lebte. Doch dieses Bild sei falsch. Neustadt brauche mehr positive Impulse. Natürlich sollten auch kritische Themen angesprochen, jedoch mit einem Lösungsvorschlag verknüpft werden.

Center-Manager Michael Schneider hat ebenfalls der MZ einen Besuch abgestattet und die Fragen der Bürger zur Zukunft des Einkaufszentrums beantwortet.
Center-Manager Michael Schneider hat ebenfalls der MZ einen Besuch abgestattet und die Fragen der Bürger zur Zukunft des Einkaufszentrums beantwortet.
Foto: Skrzypczak

Neustadt als regelmäßiges Ausflugsziel

Abgesehen vom negativen Image beschäftigt die Neustädter vor allem die wirtschaftliche Entwicklung. Martina Scholz und Hannelore Gubsch kamen am Montagvormittag gut gelaunt aus dem Neustadt-Center. Die beiden Freundinnen steigen mehrmals pro Woche in Bus und Bahn, um vom Teutschenthaler Ortsteil Zscherben nach Halle-Neustadt zu fahren. „Wir kommen immer wieder gern hier her“, sagte Scholz.

Sämtliche Besorgungen könnten die beiden in Halles größtem Stadtteil erledigen und eine ausgedehnte Kaffeepause sei ebenfalls ein Muss. Sie erfreuten sich zudem an dem schönen Stadtbild vor dem ehemaligen Neustädter Rathaus. Nur der Leerstand im Center bereite ihnen Sorgen. Ein Spielzeuggeschäft wäre zum Beispiel wünschenswert. Ähnlich Bedenken hat auch eine 78-jährige Neustädterin: „Real hinterlässt eine große Lücke im Center.“ Sie hoffe, dass möglichst zeitnah ein Nachmieter für den Großmarkt gefunden wird.

Darauf hofft auch Center-Manager Michael Schneider, der dem Infostand der MZ ebenfalls einen Besuch abstattete. „Niemand will Rudis Resterampe“, sagte Schneider. Deshalb müsse nach einer langfristigen Vermietung gesucht werden, die das Angebot ergänzt und keine Konkurrenz für die bestehenden Geschäfte darstellt. Ein Vollsortimenter wäre zum Beispiel wünschenswert. Doch laut Schneider muss die Ladenfläche zunächst modernisiert werden. Ein Großteil der Technik sei veraltet.

Viele Neustädter loben die schöne Gestaltung mit Springbrunnen umd Bäumen vor dem ehemaligen Rathaus.
Viele Neustädter loben die schöne Gestaltung mit Springbrunnen umd Bäumen vor dem ehemaligen Rathaus.
Foto: Marvin Matzulla

Kaum noch Restaurants in Halle-Neustadt

Jürgen Einicke bedauerte, dass es für die Eselsmühle keinen Nachmieter gibt. Insgesamt gebe es kaum noch gute Restaurants in Neustadt. Ihn ärgere außerdem, dass zu viel Hundekot auf den Straßen und Wegen herumliege und die Ampel an der Haltestelle Mark-Twain-Straße immer noch kaputt sei.

Auch das Thema Migration brennt den Neustädtern unter den Nägeln. Zwei Hallenserinnen beklagten, dass zu viele Menschen mit Migrationshintergrund in Neustadt lebten und sie sich zum Teil unsicher fühlten. Auch ein Iraker, der seit 1993 in Neustadt wohnt, berichtete, dass er sich unwohl fühlt und sich mehr Polizeipräsenz wünscht. Der 26-jährige Oday Zaror macht eine ganz andere Erfahrung: Seitdem er Deutsch spricht und eine Ausbildung im Neustadt-Center absolviert, sei er in Halle richtig angekommen.