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Heimatgeschichte im Burgenlandkreis Das Uhrmacherhaus in Zeitz

Das älteste Traditionsgeschäft in der Innenstadt ist die Goldschmiede Schmucker Otto am Roßmarkt 19. Wie es mit der Nummer Eins des Einzelhandels einst begann.

Von Petrik Wittwika 19.04.2024, 16:00
Der Roßmarkt, hier als Leninstraße in den frühen 1950er Jahren, war die Einkaufsmeile der Zeitzer Innenstadt schlechthin.
Der Roßmarkt, hier als Leninstraße in den frühen 1950er Jahren, war die Einkaufsmeile der Zeitzer Innenstadt schlechthin. Foto: Archiv Petrik Wittwika

Zeitz/MZ. - Ältestes Traditionsgeschäft und darum die Nummer Eins des Einzelhandels in der Zeitzer Innenstadt ist unangefochten die Goldschmiede mit Uhrenfachgeschäft unter dem längst kultigen Namen „Schmucker Otto“ von Goldschmiedemeister Andreas Otto. Seit mehr als 200 Jahren gibt es an nahezu dem selben Ort am Roßmarkt ein Uhren- und Goldwarengeschäft, das über eine sehr lange Zeit untrennbar mit den Familien Rost und Schüppel verbunden war.

Die Goldschmiede Schmucker Otto am Roßmarkt 19 in Zeitz kann auf eine lange Handwerks- und Traditionsgeschichte hinter ihren Mauern verweisen.
Die Goldschmiede Schmucker Otto am Roßmarkt 19 in Zeitz kann auf eine lange Handwerks- und Traditionsgeschichte hinter ihren Mauern verweisen.
Foto: Petrik Wittwika

Friedrich Julius Rost war ein alteingesessener Zeitzer Uhrmacher, dessen Laden, wie es der Briefbogen seines Schwiegersohnes Hermann Schüppel verrät, bereits 1815, im Jahr des Wiener Kongresses, wahrscheinlich von seinem Vater gegründet worden war. Noch in den frühen 1860er Jahren gehörte Rost das spätere Haus der Drogerie Pitzschel am Roßmarkt 18, das der Kaufmann Emil Pitzschel, ursprünglich einer seiner Mieter um 1865/66, von ihm abkaufte. Uhrmacher Julius Rost erwarb zur selben Zeit das benachbarte und kleinere Haus Roßmarkt 19 von Uhrmacher Lorenz, in dem er seine eigene und längst etablierte Uhrenhandlung, die „alle Sorten Uhren“ im Sortiment hatte und „Reparaturen prompt und billig auszuführen verstand“, fortan weiterführte.

Uhrmachermeister Hermann Schüppel (1857-1945) arbeitete fast 70 Jahre im Uhr- und Schmuckgeschäft am Roßmarkt 19.
Uhrmachermeister Hermann Schüppel (1857-1945) arbeitete fast 70 Jahre im Uhr- und Schmuckgeschäft am Roßmarkt 19.
Foto: Archiv Petrik Wittwika
 Grab  Familie Schüppel
Grab Familie Schüppel
Foto: Wittwika

Im Jahr 1877 kam der gebürtig aus dem erzgebirgischen Oberwürschnitz stammende Karl Hermann Schüppel als 20-jähriger Gehilfe in das Rost’sche Uhrmachergeschäft nach Zeitz. Nach dem bald darauf erfolgten Tod von Julius Rost heiratete er dessen Tochter Emma am 6. März 1883 in Zeitz, denn er war inzwischen selbst Inhaber des Geschäfts geworden. Auch als er den angesehenen Betrieb, der gleichzeitig mit Gold- und Silberwaren handelte, längst an seinen eigenen Sohn Paul Schüppel übergeben hatte, arbeitete Uhrmachermeister Hermann Schüppel noch mit über 85 Jahren in seiner Werkstatt und reparierte täglich vier bis fünf Stunden Uhren. Beschädigte Soldaten-Taschenuhren wieder in Gang zu setzen füllte seine ganze Arbeitskraft nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges gut aus. Aufgrund dessen, dass er das Licht eines Auges altersbedingt durch eine Star-Erkrankung verloren hatte, konnte er zwar nicht mehr die kniffligsten, aber dennoch die allgemeinen Uhrmacherarbeiten ausführen. Hermann Schüppel starb am 24. Januar 1945 im Alter von 87 Jahren in seinem Haus Roßmarkt 19. Seine gleichaltrige Frau Emma war bereits am 25. Dezember 1931 verstorben. Auf dem Michaelisfriedhof findet sich noch heute der Grabstein der Familie des Uhrmachers Paul Schüppel.