Olympia Olympia: Dreikampf um die Winterspiele 2010
Prag/dpa. - Die kanadische Hafenstadt Vancouver gilt als Favorit. Salzburg und das südkoreanische Pyoengchang werden dagegen als Außenseiter angesehen, wenn die 115. Vollversammlung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) am 2. Juli die XXI. Olympischen Winterspiele 2010 vergibt.
Allerdings haben die drei Bewerber im Prager Hilton-Hotel bei ihren jeweils 45-minütigen Präsentationen noch die Chance, bei den voraussichtlich 113 abstimmenden IOC-Mitgliedern auf einen letzten Stimmenfang zu gehen. IOC-Präsident Jacques Rogge wird den Sieger im Rahmen einer um 17.30 Uhr beginnenden kurzen Zeremonie verkünden.
Vancouvers Favoritenstellung leitet sich ab von der Bestnote des IOC bei der Städte-Prüfung und dem geopolitischen Aspekt. 13 von 20 Mal hat das IOC bisher Winterspiele nach Europa vergeben, zuletzt gingen sie an Turin (2006). Schwerer wiegt die Tatsache, dass eine Wahl für Salzburg gegen die Vergabe der Sommerspiele 2012 nach Europa sprechen würde. Kalkulationen im IOC gehen davon aus, dass deshalb mehr als ein Dutzend europäische IOC-Mitglieder aus den Bewerbungsländern Deutschland (Leipzig), Frankreich (Paris), Großbritannien (London), Spanien (Madrid) und Russland (Moskau) nicht für Salzburg stimmen werden.
Die deutschen Olympier Thomas Bach, Walther Tröger und Roland Baar stehen vor allem auch deshalb vor einer schweren Wahl, weil das Berchtesgadener Land mit der Kunsteisbahn am Königssee für Bob und Rodeln Teil der Salzburger Bewerbung ist. Doch wird der Einsatz von Franz Beckenbauer, der in Prag «als Einwohner von Kitzbühel» für Salzburg auf Sympathiewerbung ging, von Seiten des deutschen NOK und Leipzigs kritisch gesehen. Beckenbauer ist Mitglied des Bewerbungs-Kuratoriums der Stadt, dessen Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee die Wahl-Session des IOC als Beobachter verfolgen wird. Der Versuch, Beckenbauer vom Prager Auftritt abzuhalten, ist ohne Erfolg geblieben.
Salzburg und Pyoengchang werden gegen Vancouver wohl nur dann eine Chance haben, wenn die kanadische Stadt nicht bereits im ersten Wahldurchgang die absolute Mehrheit der Stimmen erhält und sich die meisten Voten des ausgeschiedenen Kandidaten auf die Seite des finalen Gegners von Vancouver schlagen. «Doch so etwas funktioniert nicht», meint IOC-Vizepräsident Bach. «Es ist schon schwer genug, für sich selbst zu werben.»
Wegen der zahlreichen IOC-Mitglieder aus Afrika, Asien und Südamerika, denen der Wintersport eher fremd ist, kommt der Präsentation vor der Session eine besondere Bedeutung zu. Salzburg will das mit Mozart und Skistar Hermann Maier tun und verspricht einen «Überraschungseffekt» in letzter Sekunde. Für Vancouver reist Kanadas Premier Jean Chretien an. Die Eishockey-Legende Wayne Gretzky möchte mit seiner Anwesenheit das Urteil der IOC-Prüfung unterstreichen, wonach Vancouver den «Athleten die besten Voraussetzungen bietet». Die sehr professionell auftretenden Südkoreaner könnten noch einmal die politische Karte ziehen: Ein Pyoengchang-Sieg würde die Annäherung an Nordkorea befördern und die Bildung einer gemeinsamen Mannschaft bei den Spielen 2004 in Athen erleichtern, ließen sie bisher vernehmen.
Die Wahl in Prag markiert den letzten Akt eines Verfahrens, an dessen Anfang die Bewerbung von acht Städten stand. Fünf davon hatte das IOC aussortiert und seinen Mitgliedern den Besuch der Kandidatenstädte streng untersagt. Mit den Vorwürfen gegen den IOC-Chefprüfer Gerhard Heiberg, der norwegische Wirtschaftskapitän könnte wegen seiner vielfältigen geschäftlichen Beziehungen zu Kanada, Südkorea und Salzburg kein neutraler Richter sein, fiel doch noch ein später Schatten auf den Prozess. Er ist auch mit dem Schnellbefund der IOC-Ethik-Kommission, Heiberg sei kein Interessenkonflikt vorzuwerfen, noch nicht aus der Welt.