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Schicksalsschlag Nach zwei Organtransplantationen: Dessauer Jürgen Ribbecke fühlt sich neugeboren

Vor fünf Jahren bekam der frühere Unternehmer eine neue Leber, ein Jahr später eine neue Niere. Was im Vorfeld passierte, wie sich sein Leben seitdem verändert und welche Ziele er hat.

Von Danny Gitter 25.09.2021, 14:00
Jürgen Ribbecke ist Leber- und Nierentransplantiert. Ein Fahrradgeschäft kann er heute nicht mehr führen, doch dem Rad bleibt er verbunden.
Jürgen Ribbecke ist Leber- und Nierentransplantiert. Ein Fahrradgeschäft kann er heute nicht mehr führen, doch dem Rad bleibt er verbunden. Foto: Thomas Ruttke

Kleinkühnau/MZ - Den 6. September 2021 hat Jürgen Ribbecke gefeiert. „Da habe ich mir meine Familie und besten Freunde eingeladen und den Grill angeworfen“, erzählt er. Am 6. September 2016 wurde ihm, wie er sagt, ein zweites Leben geschenkt.

Eine Lebertransplantation an der Uniklinik Leipzig bewahrte ihn damals vor dem sicheren Tod. „Ich bin zwar ursprünglich gebürtiger Dessauer. Immer, wenn ich nach Leipzig fahre, fühlt sich das wie mein zweiter Geburtsort an“, erzählt der 62-jährige Kleinkühnauer. „Man kann sagen, dort wurde ich neugeboren“, ergänzt Ribbecke.

Erst musste er sein Geschäft schließen, dann versagten Leber und Niere

Sein altes Leben verlief mit Höhen und Tiefen. Ab dem 50. Lebensjahr durchschritt er aber ein langes tiefes Tal. Der gelernte Fachverkäufer für Kfz-Zubehör und begeisterter Radsportler machte sich in der Kleinkühnauer Hauptstraße nach der Wende zunächst erfolgreich mit einem Fahrradfachgeschäft und einer Werkstatt selbstständig. Ab der Jahrtausendwende gingen die Umsätze immer mehr zurück. 2008 musste das Geschäft endgültig schließen.

Die Sorge um die Existenz, in Verbindung mit ungesunder Ernährung und zu viel Alkohol, hinterließen an Nieren und Leber Spuren. Beide Organe wurden krank, drohten, ihren Dienst zu versagen.

Dem Tod im letzten Moment zweimal von der Schippe gesprungen

Ein Katheter wurde ihm gelegt. Von Jahr zu Jahr verschlechterte sich seine Gesundheit zusehends. An Arbeit war nicht mehr zu denken. Im ersten Halbjahr 2016 wurde es richtig dramatisch. Zweimal musste er wegen einer Blutvergiftung mit dem Rettungswagen ins Klinikum gebracht werden, weil die Organe nicht mehr richtig arbeiteten. „Da bin ich dem Tod im letzten Moment zweimal von der Schippe gesprungen“, blickt Ribbecke heute zurück.

Das sicherte ihm aber auch einen vorderen Listenplatz bei der Transplantation. Im September vor fünf Jahren erhielten er und seine Frau die erlösende Nachricht, dass ein passendes Organ zur Verfügung stünde.

Gefühl der Befreiung setzte vor vier Jahren ein

„Als ich nach der OP aufwachte, konnte ich mich trotzdem nicht so richtig freuen“, erzählt Ribbecke. Denn die Lebertransplantation war in seiner Wahrnehmung nur ein erster Meilenstein auf dem Weg zurück ins Leben. Noch weitere elf quälende Monate mit regelmäßiger Dialyse und Abgeschlagenheit folgten, bis im August 2017 auch eine neue Niere transplantiert wurde. „Das war ein Gefühl der Befreiung“, blickt der Kleinkühnauer zu-rück.

Noch weitere zwei Jahre sollte es dauern, bis er sich wieder fit genug für den Alltag fühlte. Narben und die tägliche Dosis Tabletten, um die Abstoßung der Organe zu verhindern, erinnern ihn heute noch daran, dass er zwei Organtransplantationen hinter sich hat. „Das nehme ich für mein zweites Leben gerne in Kauf“, sagt Ribbecke. Denn das neue Leben hat ihn gelassener gemacht und er kann Dinge intensiver und bewusster genießen.

Seinen Beruf, Fahrräder zu reparieren, hat der Kleinkühnauer zum Hobby gemacht und sich dafür in seinem Haus eine Werkstatt eingerichtet. Für Trinkgelder repariert er die Drahtesel von Freunden und Bekannten. Daraus wieder ein richtiges Geschäft zu machen, würde ihm zu viel Druck machen und zu viel Kraft kosten. Daher bleibt seine Frau die Hauptverdienerin.

Warum ein Fahrradmuseum Jürgen Ribbeckes Ziel ist

Geld ist für den einst erfolgreichen Unternehmer heute sowieso nicht mehr aufzuwiegen mit der zusätzlichen Zeit, die ihm geschenkt wurde. Wenn Nachbarn und Freunde Hilfe brauchen, ist er da. Im Kleinkühnauer Ortschaftsrat und im Vorstand des Kleinkühnauer Amtshaus-Vereins ist er Mitglied.

„Man muss ja auch was zurückgeben“, sagt Ribbecke. Jetzt hofft der 62-Jährige, noch sehr viel Zeit auf dem Konto zu haben. Denn er hat noch Träume zu realisieren. Einer ist die Einrichtung eines Fahrradmuseums. Viele alte Zweirad-Schätzchen und historische Dokumente zum Radsport schlummern bei ihm und sollen sobald wie möglich der Öffentlichkeit präsentiert werden.