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Mehr als 3 Millionen Bundesbürger bräuchten einen Deutschkurs: Analphabetismus noch immer weit verbreitet

23.12.2022, 10:16
Das ABC können in Deutschland mehr als 6 Millionen Erwachsene nicht. Für sie ist der Alltag eine Herausforderung, denn das Finden eines Arbeitsplatzes oder der tägliche Einkauf scheinen fast unmöglich.
Das ABC können in Deutschland mehr als 6 Millionen Erwachsene nicht. Für sie ist der Alltag eine Herausforderung, denn das Finden eines Arbeitsplatzes oder der tägliche Einkauf scheinen fast unmöglich. (Foto: Pixabay.com)

Auch in Deutschland ist der Analphabetismus ein ernstes Problem, das sowohl Erwachsene als auch Kinder betrifft. Laut Bundesministerium für Bildung und Forschung sind etwa 6 Millionen Erwachsene in Deutschland nicht in der Lage, auf einem akzeptablen Niveau zu lesen oder zu schreiben. Viele Betroffene scheuen sich aus Scham und Angst vor dem Versagen davor, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dabei gibt es hierfür gar keinen Grund, sondern vor allem die Chance auf ein viel besseres Leben.

Über 12 Prozent der Erwachsenen können in Deutschland (noch) nicht richtig lesen und schreiben

2020 konnten weltweit ca. 13 Prozent aller Menschen nicht richtig lesen und schreiben, so eine UNESCO-Erhebung. Auch in Deutschland gehören mehr als 6 Millionen Erwachsene zu den Analphabeten. Dabei gibt es vor allem lokal deutliche Unterschiede. Während im Landkreis Harz augenscheinlich keine Analphabeten zu finden sind, gibt es in Nordrhein-Westfalen mit über 1,36 Millionen die meisten Erwachsenen ohne ausreichende Laser- und Schreibkompetenz.

Für die Betroffenen kann Analphabetismus schwerwiegende Folgen haben. Sie haben oft Schwierigkeiten, einen Arbeitsplatz zu finden, und erhalten möglicherweise nie eine gute Ausbildung. Erwachsene Analphabeten sind außerdem häufiger von Armut, schlechter Gesundheit und sozialer Ausgrenzung betroffen als diejenigen, die lesen und schreiben können. Um ihnen bessere Chancen für ein eigenständiges Leben zu ermöglichen, hat die Bundesregierung zahlreiche Initiativen gezielte Sprachkurse initiiert. Bei IQ Lingua gezielt Deutsch lernen und das Sprachniveau schrittweise über A1 bis zu C2 verbessern, motiviert nicht nur für Bewerbungen beim künftigen Arbeitgeber, sondern gibt auch mehr Selbstsicherheit im Alltag. Das Lesen von Preis- oder sehr Informationen auf anderen Hinweisschildern bringt deutlich mehr Eigenständigkeit, sodass Betroffene kaum noch oder gar nicht mehr auf fremde Hilfe und ihre eigenen „Überlebensstrategien“ angewiesen sind.

Vor allem war brauchen Hilfe bei ihrer Laser- und Schreibkompetenz

Mehr als 58 Prozent aller erwachsenen Männer und ca. 42 Prozent der erwachsenen Frauen können in Deutschland nicht ausreichend lesen und schreiben. Für viele Familien ein verheerender Umstand, denn häufig sind es die Männer, die die Familie mit ihrer Arbeit und den Haushaltseinnahmen ernähren. Psychologen wissen, dass die fehlende Kompetenz zur Versorgung der Familie bei vielen Herren auch zu Minderwertigkeitskomplexen, Stimmungsschwankungen und anderen mentalen Erkrankungen führen kann.

Deshalb richten sich viele Analphabetismus-Programme gezielt an Männer, um ihnen in kleinen Gruppen und mit ihresgleichen einen sicheren Raum zum Lernen ohne Schamgefühl zu geben.

Tipps, wie jeder seine Lese- und Rechtschreibkompetenz verbessern kann

Durch die steigende Nutzung digitaler Medien und das häufig stille Surfen im Internet entwickelt sich die Lese- und Rechtschreibkompetenz bei vielen Erwachsenen zurück. Auch, wenn sie beispielsweise nicht zu den mehr als 6 Millionen Deutschen gehören, die unter Analphabetismus leiden, helfen ein paar Tipps dabei, das erlernte Wissen wieder aufzufrischen und plötzlich ganz neue kommunikative Seiten an sich selbst zu entdecken.

Statt die Nachrichten im Internet einfach auf dem Smartphone-Display abzurufen und mit dem Finger still zu scrollen, können die geschriebenen Sätze laut vorgelesen werden. Vielleicht interessiert es auch die Kollegen, den Partner oder die Kinder, was gerade in der Welt passiert. Durch das laute Vorlesen verbessert sich nicht nur die eigene Aussprache und der Wortschatz, sondern auch die Kommunikationsstärke.

Es ist nie zu spät, um Lesen und Schreiben zu lernen. Erwachsene können ebenfalls bis ins hohe Alter daran arbeiten.
Es ist nie zu spät, um Lesen und Schreiben zu lernen. Erwachsene können ebenfalls bis ins hohe Alter daran arbeiten.
(Foto: Pixabay.com)

Auch das Anhören eines Hörbuches oder Podcasts kann bei der Verbesserung des Sprachgefühls helfen. Jeder Mensch hat eine ganz individuelle Ausdrucksweise, die sich nach seinem Vokabelschatz, der sozialen Kompetenz oder dem lokalen Dialekt richtet. Während wir beispielsweise Podcasts lauschen, nehmen wir unbewusst (neue) Vokabeln und Sprachmuster auf und adaptieren sie häufig ebenfalls unbewusst.

Analphabeten können Hörübungen ebenso helfen, das eigene Vokabular zu erweitern oder zu festigen. Mit dem lauten Vorlesen eines Satzes und dem nachfolgenden Buchstabieren der einzelnen Worte verbessert sich beispielsweise die Schreibkompetenz enorm. Die Übung kann auch proaktiv durch die Analphabeten selbst durchgeführt werden. Nach dem Anhören des Satzes notieren sie die gehörten Wörter so, wie sie sie schreiben wollten. Im Anschluss erfolgt die Korrektur mit dem Abgleich der richtigen Schreibweise. Der Lerneffekt ist auf diese Weise deutlich höher, denn durch das Hören und verschriftlichen wird das Gehirn komplexer beansprucht, was einen höheren Merkeffekt mit sich bringt.

Analphabetismus im Alltag: So sollten Betroffene behandelt werden

Menschen, die eine Lese- und Rechtschreibschwäche haben, begegnen uns im Alltag vielleicht häufiger als gedacht. Viele sind verunsichert, wie sie mit den Betroffenen umgehen sollen und stoßen ihnen damit unbewusst vor den Kopf.

Auch, wenn jemand wenig Lese- und Rechtschreibkompetenz aufweist, ist er dennoch in der Lage, Gespräche zu führen. Es gibt also keinen Grund, plötzlich zu verstummen oder auf Kleinkind-Niveau zu sprechen. Stattdessen sollten auch Analphabetismus-Betroffene mit Respekt behandelt und ein möglichst normaler Dialog geführt werden.

Eine gezielte Fragestellung hilft, das Gespräch am Laufen zu halten und peinliches Schweigen zu vermeiden. Auch die Beobachtung von Mimik und Gestik vereinfacht den Umgang mit Analphabeten. Haben sie beispielsweise ein Wort oder einen Satz nicht verstanden, macht das womöglich eine in Falten gelegte Stirn, in einem größeren Auftreten oder einem fragenden Blick bemerkbar. Hier hilft es, den Satz bzw. das Wort einfach noch einmal auf charmante Weise zu wiederholen und vielleicht etwas leichter verständliche Vokabeln hierfür zu nutzen.