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Louis Begley Louis Begley: Besser Altern in Amerika

Von Harald Loch 27.03.2001, 13:22

Halle/MZ. - Er kokettiert mit sich selbst, mit seinem Alter, seiner Menschenscheu, mit der Karikatur seiner Vaterrolle. Albert Schmidt ist der New Yorker Anwalt, den wir aus Louis Begleys Roman "Schmidt" in angenehmer Erinnerung haben. Inzwischen hat er sich von der täglichen Kanzleiarbeit zurückgezogen. Er lebt opulent, hat sich ein komfortables Vermögen erarbeitet und ist noch gut beieinander. Er neigt zur Einsamkeit mit einer Vorliebe für handverlesene Entourage.

Der Autor hat einen ähnlichen Lebensweg hinter sich, nur dass er anfing zu schreiben als er aufhörte zu praktizieren. Mit "Lügen in Zeiten des Krieges" debütierte er spät und eindrucksvoll. Schmidt muss sich verschiedentlich bewähren: Die Puertoricanerin Carrie, um die ihn alle Männer im Roman und in der Lesergemeinde beneiden, hat nur ein Drittel seiner Lebenszeit hinter sich. Sie ist liebe- und anspruchsvoll, will ihn nicht heiraten und erhält am Ende doch alles, was ihr zukommt. Und das ganz ohne alle Berechnung.

Schmidt ist auch Vater. Seine erwachsene, berufstätige Tochter durchlebt eine Ehe- und Finanzkrise. Von ihr muss er sich sagen lassen, dass er in ihrer Kindheit als Vater versagt hat, dass er sich jetzt endlich zu bewähren habe. Schließlich frisst der ägyptische Jude und Milliardär Michel Mansour einen Narren an ihm und vertraut dem Pensionär die Leitung seiner weltweit operierenden Kulturstiftung an. Darüber erfahren wir zu wenig, das hätte uns interessiert.

Louis Begley schreibt ein denkbar leichtes Buch. Wenn er die Tücken des Alters streift, er den Sinn eines berufsentleerten Lebens anspricht, das Belanglose eines Dinners, einer Auseinandersetzung beklagt, dann federt der Autor jedes denkbare Gewicht mir Ironie, mit einem Tonfall ab, die uns bei heiterster Laune halten. Das Leben in dieser Bel ètage der amerikanischen Ostküstengesellschaft ist ja auch unbeschwert von den Nöten, die den Rest der Menschheit fast ausnahmslos bedrängen. Es bleibt der leicht gelangweilte Blick auf die eigene Existenz.

Fast spielerisch fallen Wermutstropfen eines latenten Antisemitismus des Helden, den doch ein Autor modelliert, der seiner ganzen Biografie nach empfindlicher auf diesen Schatten über seinem Helden reagieren könnte. Das hat einen Zug von resignierender Weisheit und bleibt bei aller Leichtigkeit nicht ohne Bedeutung. Der Autor unterhält sein Publikum mit seinem sehr erotischen, auch sexuelle Details nicht aussparenden Roman blendend.

Er erzählt interessant und schweift in schönen Bögen um das Leben eins alternden Liebhabers, von dessen Form sich viele jüngere eine Scheibe abschneiden könnten. Begley lässt seinen Lesern die Wahl, ob sie Schmidt um Carrie oder Carrie um Schmidt beneiden wollen. So bleibt für jeden etwas in diesem sehr schönen Buch.

Louis Begley: "Schmidts Bewährung", Roman, aus dem Amerikanischen von Christa Krüger, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2001, 313 Seiten, 39,80 Mark