Frauen im Rock-Geschäft Frauen im Rock-Geschäft: Sanft, stur und selbstbewusst
Halle/MZ. - Etwas anderes blieb Aimee Mann gar nicht mehr übrig. Über ein Jahr hatte ihre Plattenfirma die Sängerin und Gitarristin aus Los Angeles schon zappeln lassen, immer wieder mäkelten die Manager am Material für das dritte Soloalbum der ehemaligen Chefin der New-Wave-Band 'Til Tuesday herum. Poppiger sollte es werden - und ein Hit müsste unbedingt auch noch drauf.
Aimee Mann schmiss irgendwann die Klamotten in die Ecke. Gemeinsam mit ihrem Mann Mike Penn, dem Bruder des Schauspielers Sean Penn, beschloss sie, dann eben gar nicht mehr mitzuspielen im großen Geschäft. Mann und Penn begannen stattdessen, einmal die Woche in einem kleinen Klub in Los Angeles Akustik-Konzerte zu geben - um die Miete bezahlen zu können und nicht aus der Übung zu kommen. Das von der Plattenfirma abgelehnte Material ließ Aimee Mann auf eigene Kosten auf CD pressen und über ihre Website www.aimeemann.com vertreiben.
Der Rest ist Zufall. Drehbuchautor und Regisseur Paul Thomas Anderson ("Boogie Nights") bekam ein Tape mit Manns Songs in die Finger. Und er war von der Musik so berührt, dass ihm gleich ein ganzer Film dazu einfiel. "Magnolia" kam ein Jahr später in die Kino und wurde ein Überraschungshit, Aimee Manns Soundtrack-CD wurde für den Oscar nominiert, bei ihren kleinen Donnerstags-Konzerten mit Penn balgten sich plötzlich hunderte Fans um Karten.
Die Stücke von "Bachelor Nr. 2" (V2/Zomba) - sanfte, weiche und sehr melodische Songs ohne jede modische Anbiederei - müssen in den Ohren der Manager plötzlich sehr erfolgversprechend geklungen haben. Mit zweijähriger Verspätung jedenfalls wurde das Album endlich doch noch offiziell veröffentlicht - "dabei habe ich nicht eine Note geändert", wunderte sich Aimee Mann kaum noch.
Warum auch? Manns drittes pures Solowerk ist stur im Beharren auf zeitlosem Stil, hat sanfte Melodien und selbstbewusste Texte und heimste so ausnahmslos Lob bei den führenden Musikmagazinen ein. Auch die Kritiker, die Mann seit ihrem Debüt "Whatever" als kratzbürstige Pop-Intellektuelle beargwöhnten, waren diesmal einer Meinung: Aimee Mann sei der Beweis, dass Frauen eben nicht nur leichtbekleidet und mit seichtem Pop erfolgreich sein könnten.
Dido Armstrong, wie Aimee Mann eine schmale junge Frau mit vollen Lippen, könnte Ähnliches erzählen. Nicht, dass ihre Plattenfirma "No Angel" (BMG Ariola) nicht gewollt hätte. Nein, aber manchmal ist der Teufel eben ein Eichhörnchen - wie in Didos Fall. Nach einem viel versprechenden Karriereauftakt - mit Faithless, der Band ihres Bruders Rollo landete sie 1996 ganz oben in den Charts - begann die klassisch ausgebildete Sängerin, an eigenem Material zu arbeiten. Drei Jahre lang tingelte die Engländerin durch kleine Klubs überall in den USA, 1999 endlich erschien ihr Solo-Debüt und schaffte sofort den Sprung in die Hitparaden.
Allerdings nur in den USA, denn im Rest der Welt war "No Angel" einfach nicht veröffentlicht worden. Die zuständige Plattenfirma hatte finanzielle Probleme und Dido Armstrong das Nachsehen. Der nahezu perfekte Pop von Stücken wie "Here With Me" und "Slide", lasziv und kühl zugleich, blieb den Fans in Amerika vorbehalten.