Die Kindermacher
Hamburg/dpa. - Heute gebären Frauen mit Mitte 60 Kinder, lesbische Paare erfüllen sich den Kinderwunsch und in einigen Ländern können Kinder mit Eigenschaften nach Wunsch bestellt werden. Die Dokumentation «Die Kindermacher - Von künstlichem Sperma und greisen Müttern» zeigt an diesem Freitag (19.00 Uhr) bei Arte, was heute möglich ist und in einigen Jahren machbar sein könnte.
Die Spanierin Carmen Bousada wurde mit 67 Jahren Mutter. Nachdem sie ihre Eltern bis zu deren Tod - die Mutter wurde 105 - gepflegt hatte, war sie biologisch zu alt für eine natürliche Schwangerschaft. Aber sie wünschte sich Kinder als neuen Lebensinhalt. Da es in Spanien keine Möglichkeit in dieser Richtung gab, wandte sie sich an das Pacific Fertility Center in Los Angeles, wo ihr eine befruchtete Eizelle einer jungen Frau eingepflanzt wurde. Zuvor musste sie sich einer längeren Hormonbehandlung unterziehen. Insgesamt investierte sie 42 000 Euro inklusive Flug und Hotel.
Heute lebt sie mit ihren Zwillingen, die per Kaiserschnitt zur Welt kamen, in ihrer Zwei-Zimmer-Wohnung. Hilfe bekommt sie von ihrem 70 Jahre alten Bruder, der selbst längst Großvater ist. Carmen Bousada möchte noch erleben, dass ihre Jungen 18 Jahre alt werden, doch das ist fraglich. Ein Jahr nach der Geburt der beiden wurde bei ihr Brustkrebs diagnostiziert - möglicherweise eine Folge der starken Hormonbehandlung.
In Frankfurt am Main erwarten Birgit und Melanie ihr zweites Kind. Melanie hat bereits eine Tochter zur Welt gebracht, gezeugt im Labor mit einer anonymen Samenspende. Auch das zweite Kind wird eine Tochter - und die leibliche Schwester des ersten, denn das Sperma stammt vom selben Spender. Für das lesbische Paar Melanie und Birgit gibt es nur ein störendes Element in ihrem glücklichen Familienleben: den «unbekannten Dritten», den leiblichen Vater, nach dessen Identität die Kinder vielleicht einmal fragen werden. Mit der Volljährigkeit haben sie nach deutschem Recht Anspruch darauf, seinen Namen zu erfahren.
Künftig wird es vielleicht gar keinen «Dritten» mehr geben müssen, denn die Reproduktionsmedizin arbeitet derzeit an Verfahren, mit denen aus einer Körperzelle - etwa aus der Haut - eine Stammzelle hergestellt werden kann, der «Alleskönner» unter den Zellen. Teilweise erfolgreich waren bereits Versuche, aus dieser Stammzelle eine weibliche Eizelle zu produzieren - oder männliches Sperma.
An den Universitäten in Göttingen und Newcastle ist man bereits so weit, dass die Forscher glauben, innerhalb der nächsten zehn Jahre das Problem praktisch gelöst zu haben. Dann bräuchten Frauen keine Männer mehr, um Kinder zu bekommen. Aber auch Männer könnten sich unter Umständen ohne Frauen fortpflanzen, denn in China und den USA wird derzeit eine künstliche Gebärmutter entwickelt, die einen Embryo bis zur Geburtsreife «austragen» könnte.