1. MZ.de
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. Costa Rica: Costa Rica: Besuch im Paradies

Costa Rica Costa Rica: Besuch im Paradies

Von Ulrich Willenberg 08.06.2006, 15:35

Halle/MZ. - Carlos deutet auf einen Mimosenbaum, unter dem sich die zwei Meter lange Schlange zusammengerollt hat. Das erwachte Reptil zischt und zeigt seine spitzen Zähne. Ein Kollege von Carlos packt die Boa hinter dem Kopf und setzt sie neben dem Restaurant der Selva Bananito Lodge aus. Von den Männern wird sie als nützliches Haustier geschätzt. "Sie fängt die Mäuse", erzählt Carlos. Ab und zu verirrt sich eines der für Menschen harmlosen Tiere in einen der hölzernen Gästebungalows.

Die Lodge liegt nahe der Karibikküste Costa Ricas in einem rund 1 000 Hektar großen Privatreservat, das der deutschen Familie Stein gehört. Es grenzt an das fast unerschlossene Biosphärenreservat Amistad, dem größten Naturschutzgebiet Mittelamerikas. Noch mit 81 Jahren betreibt Vater Rudi Stein Viehwirtschaft auf dem Land, wo die berüchtigte United Fruit Company einst Bananen anpflanzte. Sohn Jürgen, früher Theaterregisseur, leitet das kleine Urwaldhotel. Die nächsten Nachbarn sind Indianerfamilien, die zwei Kilometer entfernt im Urwald wohnen.

In dem komplexen Ökosystem des Dschungels leben Tausende von Tierarten, darunter Jaguare, Pumas, Krokodile und Nasenbären. Die artenreiche Flora und Fauna und lange Sandstrände locken Urlauber aus aller Welt an. Auch immer mehr Deutsche schwärmen für das Naturparadies, das seit kurzem direkt von der Condor angeflogen wird. Wenn heute zum Auftakt der Fußball-WM Costa Rica gegen Deutschland spielt, ist dem mittelamerikanischen Staat weltweite Aufmerksamkeit sicher.

Rund ein Viertel des Landes, das sich zwischen Karibik und Pazifik erstreckt, steht unter Schutz. Es gibt rund 60 Nationalparks und Reservate, die zum Teil durch Wanderwege erschlossen sind. Immer beliebter werden die Canopy-Touren. Dabei schweben Touristen an Seilen durch die Baumkronen und betrachten den Urwald aus der Affenperspektive.

Besonders artenreich ist der nordwestlich gelegene Nationalpark Tortuguero mit seinen natürlichen Kanälen und Lagunen. Hier lebt seit zehn Jahren die Biologin Barbara Hartung, eine von 20 000 Deutschen in Costa Rica. Mit Touristen paddelt sie durch die weit verzweigten Wasserwege des Schutzgebietes, in dem 2 400 verschiedene Bäume und Pflanzen wachsen. Fast lautlos nähert sich ihr Kanu dem Ufer, ohne die Tiere zu aufzuschrecken. In der Baumkrone einer blühenden Wasserkastanie halten Klammeraffen Siesta. Im Schilf duckt sich ein Blaureiher, Eisvögel schießen senkrecht ins Wasser, um Fische aufzuspießen. Ein Basilisk, der aussieht wie ein kleiner Drache, springt vom Ast und rennt auf den Hinterbeinen über die Wasseroberfläche.

"Das Tier wird deshalb auch Jesus Christus Eidechse genannt", weiß Hartung. Neben den faszinierenden Urwäldern und den von Palmen gesäumten Sandstränden zählen die aktiven Vulkane zu den Attraktionen Costa Ricas. Besonders beliebt ist der markante Arenal am Rande des gleichnamigen Sees. Immer wieder faucht der Vulkan und spuckt Tonnen schwere Gesteinsbrocken mehrere Hundert Meter in die Höhe. Nachts lässt sich vom Ostufer des Sees beobachten, wie glühende Lava die kahlen Abhänge hinab fließt. Viel besucht sind auch die angrenzenden Reservate von Monteverde und Santa Elena.

Diese von Flechten und Lianen überwachsenen Regenwälder hängen zumeist in den Wolken. Relativ wenig bekannt sind dagegen die Schutzgebiete im Norden des Landes wie der Nationalpark Santa Rosa mit seinen Trockenwäldern und einsamen Stränden oder das Gebiet um den Rincón de la Vieja. Am Fuße des 1 800 Meter hohen aktiven Vulkans liegen blubbernde Schlammtümpel, die mit Dampf aus dem Erdinneren gespeist werden.

Flüsse haben tiefe Schluchten in das Bergmassiv gegraben. Mehrere Wasserfälle ergießen sich bis zu 30 Meter senkrecht in natürliche Schwimmbecken. Über dem smaragdgrünen Wasser tanzen handgroße, blau schillernde Morphofalter, und am Ufer raschelt ein Gürteltier im Unterholz. Ein Platz, der dem Paradies sehr nahe kommt.