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Judo Judo: Alleingang in Budapest

Von Petra Szag 26.04.2013, 18:24
Luise Malzahn mit ihrem Freund Gunther und Kater Arnie
Luise Malzahn mit ihrem Freund Gunther und Kater Arnie Schulz/Archiv Lizenz

Halle/MZ - Die Tasche war am späten Dienstagabend nach Trainingsschluss blitzschnell gepackt. Anders als ihre Schwester Claudia, die schon Tage vor ihrer Abreise zu einer großen internationalen Meisterschaft wohlüberlegt alle benötigten Sachen zusammentrug, entledigt sich ihre Schwester Luise Malzahn dieser Aufgabe immer ganz unkonventionell. Und wenn sie doch mal etwas vergaß - ihre jahrelang in der Weltspitze etablierte Schwester war ja fast immer dabei und konnte aushelfen.

Nun ist die Situation anders. Luise Malzahn wird bei der EM in Budapest als einzige aus Halles bekanntester Judo-Familie auf die Matte gehen. Der Flieger hob ohne Claudia ab. Die 29-Jährige musste nach einer schweren Verletzung im Winter den Kimono an den Nagel hängen, konzentriert sich nun auf ihre Arbeit als Sporttherapeutin im Bergmannstrost. Und ist auch nicht als Zuschauer in die ungarische Metropole gereist. Genauso wie ihre Eltern Klaus-Dieter und Christine, die bislang kaum eine Meisterschaft - egal wo in der Welt - versäumt hatten, sowie ihr seit drei Jahren größter Fan, Gunther Dingler.

Grand-Prix-Sieg ist gutes Omen

Luise Malzahn einsam in Budapest - von ihr selbst ist das so gewollt. „Das will ich diesmal allein durchziehen“, sagt die 22-Jährige. „Das ist mein Ding.“ Sicher, die moralische Unterstützung gerade als Auswahl-Neuling war schön. Doch ein Newcomer ist die EM-Dritte von 2011 nun schon lange nicht mehr. Und sich ganz auf sich selbst zu konzentrieren, hat auch etwas für sich. Beim Grand Prix zuletzt im türkischen Samsung jedenfalls funktionierte das gut. Dort dominierte die Hallenserin das Limit bis 78 Kilo. Ein gutes Omen also.

Zuvor hatte sie neun lange Monate zusehen müssen, wie andere die Medaillen unter sich ausmachten. Der Grund: ein Kreuzbandriss im rechten Bein. Bei dem Versuch, sich wieder an die Weltspitze heranzukämpfen, hatte sie volle Rückendeckung ihrer Familie.

Der Freund, einer vom Fach

Allen voran von ihrem Freund Gunther - natürlich auch einer vom Fach. Der Student für Agrarwissenschaften kämpft für den SV Halle in der zweiten Bundesliga. Bei der Genesung von ihrer schweren Verletzung bekam Luise Malzahn von ihm nicht nur liebevolle, sondern auch fachkundige Hilfe - basierend auf eigenen Erfahrungen. Schließlich hatte ihn ein Jahr zuvor das gleiche Schicksal ereilt. Er war es auch, der seine ungeduldige Freundin vor einer zu schnellen Rückkehr in das harte Training bewahrte. „Gunther hat mich manches mal bremsen müssen“, gibt sie zu. Dass sie in die Erfolgsspur zurückfand, ist auch sein Verdienst. „Er ist immer für mich da“, erzählt Luise Malzahn. Er fährt sie beispielsweise zum Training nach Leipzig, „das immer doch ganz schön schlaucht“. Geht es ins Trainingslager nach Köln, übernimmt er den Bringe- oder Abholservice meist zur beziehungsweise von der A 38.

Das Fachsimpeln auch nach Trainings- und Wettkampfschluss bleibt nicht aus, er motiviert auch, wenn erforderlich, und „holt mich wieder runter, wenn ich mich über irgend etwas aufrege“, gibt das Temperamentsbündel zu. Die Hilfestellung ist keine Einbahnstraße: Bei den Ligawettkämpfen ihres Freundes übernimmt die prominente Freundin - falls sie im Lande ist - die Rolle des Hallensprechers.

Am Samstag ist Gunther Dingler in Gedanken bei seiner Luise. Und dank des Internets zeitnah auf dem Laufenden. Egal, ob nun Gratulant oder Tröster, das erste Telefongespräch, wenn der EM-Wettkampf vorbei ist, gehört ihm.