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Anschlag in Magdeburg Zeuginnen schildern Leid nach Anschlag auf Weihnachtsmarkt

Die Todesfahrt wird lebenslang Folgen für sie haben - im Landgericht berichten Betroffene als Zeugen, wie sie die Tat erlebten und bis heute leiden.

Von dpa Aktualisiert: 02.12.2025, 11:57
Von diesem Tisch aus berichten die Zeugen im Verhandlungssaal über das Erlebte.
Von diesem Tisch aus berichten die Zeugen im Verhandlungssaal über das Erlebte. Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Magdeburg - Im Prozess zum Anschlag auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt kommen weitere Geschädigte zu Wort. Eine 38 Jahre alte Industriekauffrau berichtete von zahlreichen Brüchen unter anderem im Beckenbereich, die sie durch den Aufprall erlitten habe. „Ich hatte tierische Schmerzen.“ Ihr Freund habe sie lange zu Hause gepflegt, ein halbes Jahr habe sie für eine Reha gekämpft. Psychische und körperliche Folgen begleiteten sie bis heute und ihr Becken sei so verschoben, „dass mir die Möglichkeit genommen wurde, ein Kind auf natürlichem Weg zu gebären“.

Die 38-Jährige gehört zu den Betroffenen, die freiwillig als Zeugen vor Gericht aussagen. „Ich finde es wichtig, dass die Opfer gehört werden und nicht nur der Täter.“ Die Verfahrensbeteiligten haben sich darauf verständigt, dass Betroffene nicht aussagen müssen, wenn sie nicht wollen. So sollen sie nicht zusätzlich belastet werden. Im sogenannten Selbstleseverfahren werden die Aussagen in den Prozess eingeführt, die die Zeugen bei der Polizei gemacht hatten. Es handelt sich um etwa 2.800 Seiten. Der Vorsitzende Richter, Dirk Sternberg, versichert: „Wir lesen das komplett. Das ist so vorgeschrieben. Das wird auch so gemacht.“

„Wir wollen nicht, dass der Täter gewonnen hat“

Die 38-Jährige, sagte, sie wolle wieder auf Weihnachtsmärkte gehen, sie habe es zunächst mit einem kleinen, eingezäunten versucht. „Wir wollen nicht, dass der Täter gewonnen hat“, betonte sie. Der angeklagte 51-jährige Taleb al-Abdulmohsen aus Saudi-Arabien war am 20. Dezember 2024 mit einem Mietwagen mit bis zu 48 Kilometern pro Stunde durch die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt gefahren. Ein neunjähriger Junge sowie fünf Frauen im Alter von 45 bis 75 Jahren kamen ums Leben. Mehr als 300 weitere Menschen wurden verletzt.

„Finde unmöglich, wie sich der Angeklagte die Bühne nimmt“

Eine 57-Jährige sagte, sie habe erst gar nicht als Zeugin vor Gericht erscheinen wollen. „Ich habe mich dann aber dafür entschieden, weil ich es unmöglich finde, wie sich der Angeklagte hier die Bühne nimmt.“ Sie bezog sich auf wiederholte Aussagen des Angeklagten, er habe saudischen Frauen helfen wollen, deutsche Behörden hätten versagt. Sie fragte: „Bin ich weniger wert als die saudischen Frauen?“ 

Der Angeklagte versucht weiterhin, sich immer wieder zu Wort zu melden. Der Vorsitzende Richter Sternberg wies ihn mehrmals auf die Verabredung hin, dass er sich nicht direkt an die Opfer wendet, auch nicht mit Entschuldigungen.

Die 57-Jährige berichtete, dass sie das große schwarze Auto noch sah, den Aufprall mit dem Kopf spürte und dann das Bewusstsein verlor. Mehrere Meter von ihrem ursprünglichen Standort sei sie später aufgewacht. „Es war das reinste Chaos um mich rum.“ Beide Zeuginnen betonten, wie viel Hilfe es sofort gegeben habe. „Die Hilfe war echt extrem groß.“ Stundenlang habe sie als leicht verletzt Eingestufte auf der Straße gelegen, es war bitterkalt. Unter Tränen sagte sie, wie sie später ganz alleine auf der Straße saß, zwischen Menschen, die um ihr Leben gekämpft und verloren hätten. Noch heute könne sie keine weiten Strecken laufen, habe bei jedem Schritt Schmerzen, könne sich nicht hinknien oder hinhocken.