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Fußball Frauen-Sextett forciert Gleichbehandlung von Fußballerinnen

Sechs Frauen wollen den Fußballerinnen von Viktoria FC Berlin zum Aufstieg in die Bundesliga verhelfen. Für das Sextett geht es aber um mehr, als nur sportlichen Erfolg.

Von Thomas Flehmer, dpa Aktualisiert: 06.07.2022, 10:29
Ein Fußball liegt vor der Partie im Netz.
Ein Fußball liegt vor der Partie im Netz. Friso Gentsch/dpa/Symbolbild

Berlin - Der Zeitpunkt ist gut gewählt: In England rollt ab Mittwochabend der Ball bei der Fußball-EM der Frauen, Anfang der Woche hatte der DFB seine Strategie für den Frauenfußball in den kommenden fünf Jahren vorgestellt. Zwischen den beiden Zeitpunkten zeigt ein Frauen-Sextett, dass es schon einen Schritt weiter ist. Mit der Übernahme der Anfang Juni vom Gesamtverein ausgegliederten Frauenfußball-Abteilung von Viktoria Berlin wollen die Frauen nicht nur eine sportliche Erfolgsgeschichte schreiben, sondern in der Gesellschaft ein Gespür für die Ungleichbehandlung von Frauen im Sport erzeugen.

„Natürlich ist der Männerfußball ein etabliertes Geschäftsmodell. Es wäre aber gut, ein Bewusstsein zu schaffen, dass es kein Fairplay im Hinblick auf den Frauenfußball gibt“, sagt die ehemalige Fernsehmoderatorin Felicia Mutterer, die zur Betreiberinnengesellschaft gehört, der Deutschen Presse-Agentur.

Besonders zwei Aspekte verdeutlichen das Ungleichgewicht zwischen Frauen und Männern im Sport: Die Bezahlung sowie die Berichterstattung. „Neymar allein verdient geschätzt über 42 Millionen Euro im Jahr“, sagt Mutterer, „in etwa die Summe, die knapp 1700 Frauen kumuliert in den europäischen Topligen verdienen. Das sind brutale Auswüchse.“

Das Frauen-Sextett, dem neben Mutterer noch die ehemalige Nationalspielerin Ariane Hingst, Unternehmerin Verena Pausder, die Vorstandsvorsitzende der Vattenfall Wärme Berlin AG Tanja Wielgoß, die Mitgründerin und Geschäftsführerin von BRLO Craft Beer Katharina Kurz und die Brand- und Marketingexpertin Lisa Währer angehören, will deshalb der neuen Mannschaft von Beginn ein Grundgehalt auszahlen, damit die Spielerinnen bei der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) versichert sind.

Anders als in den USA, in denen das Frauenteam um die charismatische Megan Rapinoe eine gleiche Bezahlung analog zu den Männern erkämpft hat, sind die Fußballerinnen in Deutschland noch hinten an. „Solche Dinge sind enorm wertvoll. Dafür benötigen wir auch Typen, die solche Dinge fordern. Gerade in Deutschland ist es deutlich einfacher zu fordern, wenn Erfolg da ist als wenn kein Erfolg da ist. Dann wird man noch mehr belächelt und nicht für voll genommen“, sagt Gesellschafterin Hingst.

Für die Co-Trainerin im Nachwuchs des DFB würden Erfolge auch zu mehr öffentlicher Aufmerksamkeit führen. „Wichtig ist auch, die Ungleichheit bei der Berichterstattung sichtbar zu machen“, sagte die 42-Jährige, „fünfzehn Prozent wird über Frauensport berichtet, 85 Prozent gehören den Männern.“ Die Erfolge sollen nun die Fußballerinnen des Viktoria FC Berlin herbeibringen. Der Regionalligist soll innerhalb der nächsten fünf Jahre die Bundesliga erreichen, in der anstehenden Saison sollte - wenn möglich - der Aufstieg in die zweite Liga gelingen. „Aber wenn es ein Jahr später ist, geht die Welt auch nicht unter. Deshalb haben wir einen langfristigen Plan ohne Zwischenetappen angelegt“, sagt Hingst.

Mit den angepeilten Erfolgen sollen auch mehr Zuschauer und Zuschauerinnen in die Stadien gelockt werden. „Das ist auch etwas, was wir mit unserem Projekt erreichen wollen. Da haben wir in Deutschland noch viel Nachholbedarf, treffen aber mit unserem Projekt den Zahn der Zeit.“

Das sieht auch Verena Pausder so. „Mein Gefühl sagt mir, wir werden offene Türen einrennen“, sagt die 43-Jährige. Die erste Tür öffnete Viktoria-Investor Zeljko Karajica, in dem er die Rechte und die Lizenz des Frauenteams veräußerte. Für Pausder, die selbst eine mittlere fünfstellige Summe in das Projekt gesteckt hat, steht bei dem Projekt eine Gewinnausschüttung nicht im Vordergrund. „Es ist kein reines Finanzinvestment. Für mich wäre es kein Erfolg, wenn wir finanziell erfolgreich wären, aber nichts anderes als andere gemacht hätten. Ich möchte eine Marke kreieren, die für mehr steht. Darauf wäre ich stolz.“