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Tod im Gefängnis Frau stirbt in „Liebeszelle“ – Ehemann schweigt vor Gericht

Ein Treffen im Besucherraum eines Gefängnisses endet tödlich für eine Frau in Sachsen-Anhalt. Was passierte hinter den geschlossenen Türen? Eine Zeugin berichtet von einem Anruf aus der Besuchszelle.

Von Christopher Kissmann, dpa Aktualisiert: 02.12.2025, 12:46
Der angeklagte Häftling ließ über seine Verteidigerin erklären, dass er sich zu einem späteren Zeitpunkt im Landgericht Stendal äußern wird. Er soll seine Ehefrau während eines Besuchs in einer sogenannten Liebeszelle in der Justizvollzugsanstalt Burg erwürgt haben.
Der angeklagte Häftling ließ über seine Verteidigerin erklären, dass er sich zu einem späteren Zeitpunkt im Landgericht Stendal äußern wird. Er soll seine Ehefrau während eines Besuchs in einer sogenannten Liebeszelle in der Justizvollzugsanstalt Burg erwürgt haben. Christopher Kissmann/dpa

Stendal - Die Liebeszelle sieht aus wie eine kleine Wohnung. Dusche, Sofa, Kochnische, sogar ein kleiner Balkon – so beschreiben es als Zeugen geladene Justizvollzugsbeamte vor Gericht. „Recht heimelig“ sei der Raum, sagt eine Zeugin. Für ein paar Stunden sollen Gefangene dort mit ihren Familienangehörigen Alltag leben können. Im April endete ein solcher Besuch für eine 35-jährige Frau in der Justizvollzugsanstalt Burg in Sachsen-Anhalt tödlich. Ihr Ehemann soll sie erwürgt haben.

Am Landgericht Stendal hat der Prozess gegen den Häftling begonnen. Die Staatsanwaltschaft Stendal wirft dem 38-Jährigen Totschlag vor. Er habe seine Ehefrau so kräftig am Hals gewürgt, dass später trotz umfangreicher Reanimationsmaßnahmen deren Tod festgestellt worden sei, sagte die Staatsanwältin, die die Anklage im Gerichtssaal vortrug.

Die Anwältin des 38-Jährigen kündigte an, dass sich ihr Mandant zu dem Vorwurf äußern wird. Dies erfolge aber nicht heute, sagte sie. Damit bleiben der konkrete Ablauf der Tat und das Motiv zunächst offen. 

Personal hörte Sexgeräusche aus der „Liebeszelle“

Die 35-jährige Frau war im April in der Liebeszelle tot aufgefunden worden. Eine Obduktion ergab, dass sie durch „Gewalt gegen den Hals“ ums Leben kam.

Eine Justizvollzugsbeamtin schilderte vor Gericht, dass während der Besuchszeit über die in der Langzeitbesuchszelle installierte Rufanlage ein Anruf im Dienstzimmer eingegangen sei. Sie habe diesen entgegengenommen, jedoch ausschließlich „Sexgestöhne“ einer Frau gehört. Auch auf ihre Nachfrage hin habe niemand in der Zelle etwas gesagt, so die 52 Jahre alte Zeugin. Ein Kollege sei schließlich zu der Langbesuchszelle gegangen, habe aber nichts feststellen können. Den Raum habe er jedoch nicht betreten, sagte die Justizvollzugsbeamtin.

Wiederbelebung der Frau gelingt nicht

Später - am Ende der Besuchszeit - habe eine Kollegin die tote Frau in dem Raum gefunden und um Hilfe gerufen, sagte die Zeugin. Bis zum Eintreffen des medizinischen Personals seien Wiederbelebungsmaßnahmen unternommen worden. Vor dem Besuch habe die Ehefrau des Häftlings normal auf sie gewirkt, betonte die Justizvollzugsbeamtin. „Sie hat sich definitiv auf den Besuch gefreut.“

In oft „Liebeszellen“ genannten Besucherräumen können Häftlinge meist mehrere Stunden lang unbeaufsichtigt Zeit mit ihren Partnerinnen oder Familienangehörigen verbringen. Die Räume sind nach Zeugenangaben nicht videoüberwacht.

Der Angeklagte sitzt in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Burg ein. Kurz nach dem gewaltsamen Tod der 35-Jährigen hatte die Anstaltsleitung dieses Gefängnisses zunächst alle geplanten Langzeitbesuche ausgesetzt.