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Bergsteiger-Geschichte Bergsteiger-Geschichte: Rätselraten um die Erstbesteigung der Zugspitze

Von Jürgen Balthasar 19.09.2006, 15:29
Wanderer stehen auf dem Gipfel der Zugspitze (Foto: dpa)
Wanderer stehen auf dem Gipfel der Zugspitze (Foto: dpa) dpa

München/dpa. - Bisherging man davon aus, dass Leutnant Josef Naus 1820 als Erster den 2962Meter hohen Berg bezwang. Bei der Präsentation der handgezeichnetenKarte räumte DAV-Expertin Friederike Kaiser am Dienstag in Münchenallerdings ein, dass das Dokument nur ein starkes Indiz, aber keinsicherer Beweis für eine schon viel frühere Besteigung durchunbekannte Hirten oder Jäger sei. Noch am Montag hatte es in einerMitteilung des DAV geheißen: «Die Besteigungsgeschichte der Zugspitzemuss neu geschrieben werden.»

Die 50 mal 110 Zentimeter große kolorierte Karte stamme aus derZeit zwischen 1700 und 1750, sagte Historiker Thomas Engelke vomBayerischen Hauptstaatsarchiv und begründete dies mit der Art derSchriftzeichen. Auf der Karte ist ein Steig über das Zugspitzplattbis zum Gipfel («ybers blath ufn Zugspitz») und auf die andere Seitezum Eibsee mit einer zart gestrichelten Linie eingezeichnet. In derLegende ist die Gehzeit vom Reintalanger bis zum Gipfel mit vierStunden angegeben.

Die Einordnung des DAV, der am Montag eine «alpinhistorischeSensation» angekündigt hatte, löste vor allem unter AlpinistenWiderspruch aus. Waren die frühen Bergsteiger wirklich bis zum Gipfeloder nur in den Gipfelbereich vorgedrungen? Und hätten Hirten damalsüberhaupt zum Gipfel gehen können, wo doch die Zugspitze damals vielstärker von Gletschern bedeckt war und es noch keine Steigeisen gab,lauteten einige der kritischen Fragen bei der Kartenpräsentation.Außerdem gehe man auch bei anderen Bergen stets von wesentlichfrüheren Gelände-Erkundungen durch Einheimische aus.

DAV-Vizepräsident Andi Dick räumte am Dienstag denn auch ein, dasses noch etliche offene Fragen gebe. «Mit 150-prozentiger Sicherheitwird man nie nachvollziehen können, ob jemand schon vor Naus da war»,sagte Friederike Kaiser, die das Alpine Museum des DAV in Münchenleitet. Ein solcher Nachweis wäre nach ihren Worten nur möglich, wennhistorisches Material vom Gipfel - ein Stück Holz oder Stoff oder einKnochenstück - vorliegen würde. Leutnant Naus bleibe auf jeden Fallder erste namentlich bekannte Besteiger des Zugspitzgipfels.

Die aus einem Nachlass stammende Karte wurde im Archiv desAlpenvereins gefunden. Möglicherweise war sie vor dem Hintergrund vonGrenzstreitigkeiten zwischen dem bayerischen Hochstift Freising undTirol erstellt worden. Die Karte war bereits in frühen Büchern überdie Zugspitze erwähnt worden, galt seit 1945 aber als verschollen.Beim Aufbau des von der EU geförderten Projekts «HistorischesAlpenarchiv» hatte die Münchner Kunsthistorikerin Martina Sepp dasDokument wiederentdeckt.

Teil der Zugspitzregion auf einer historischen Karte, die am Dienstag (19.09.2006) vom Deutschen Alpenverein in München gezeigt wird. In einem Kasten sind in Etappen die Gehzeiten vermerkt, deren letzte in vier Stunden über das Blatt zum Gipfel führt (Nahaufnahme). (Foto: dpa)
Teil der Zugspitzregion auf einer historischen Karte, die am Dienstag (19.09.2006) vom Deutschen Alpenverein in München gezeigt wird. In einem Kasten sind in Etappen die Gehzeiten vermerkt, deren letzte in vier Stunden über das Blatt zum Gipfel führt (Nahaufnahme). (Foto: dpa)
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Friederike Kaiser, die Leiterin des Alpinen Museums in München, zeigt am Dienstag (19.09.2006) in München eine historische Karte der Zugspitzregion an deren unteren rechten Ecke der Zugspitzgipfel und ein Weg dorthin eingezeichnet ist. (Foto: dpa)
Friederike Kaiser, die Leiterin des Alpinen Museums in München, zeigt am Dienstag (19.09.2006) in München eine historische Karte der Zugspitzregion an deren unteren rechten Ecke der Zugspitzgipfel und ein Weg dorthin eingezeichnet ist. (Foto: dpa)
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