1. MZ.de
  2. >
  3. Panorama
  4. >
  5. 5000 gelaufene Kilometer: 5000 gelaufene Kilometer: Tortur für Körper und Geist

5000 gelaufene Kilometer 5000 gelaufene Kilometer: Tortur für Körper und Geist

22.06.2003, 13:26

Moskau/dpa. - Nur der russische Präsident hielt die Transeuropa- Läufer vor dem Ziel in Moskau noch kurz auf: Nach 5000 gelaufenen Kilometern mussten die 22 Extremsportler eine Zwangspause einlegen, um den Auto-Konvoi mit Wladimir Putin passieren zu lassen. Den Deutschen Robert Wimmer brachte dies am Samstag auf den letzten Kilometern nach 64 Tagen Tortur für Körper und Geist aber nicht aus dem Tritt. Mit deutlichem Vorsprung siegte der 38-jährige Nürnberger beim längsten Rennen der Welt, das nur die Hälfte der ursprünglich 44 gestarteten Extremsportler beendeten. Hinter Wimmer trotzten weitere neun Deutsche den Laufstrapazen sowie allen Problemen mit schlechter Ernährung und spartanischen Unterkünften.

«Mein Ziel war es, als einer der ersten anzukommen und mit einem Lächeln in Moskau einzulaufen. Beides ist mir gelungen», sagte Wimmer nach dem Finale im Moskauer Park des Sieges. Im Anschluss durften die Sportler ihre müden Beine in einem Bus ausstrecken, mit dem sie zum Abschlussfoto auf den Roten Platz gefahren wurden. Zurück geht es für die Sportler mit dem Flugzeug.

Viele Läufer klagten über eine schlechte Versorgung und äußerst bescheidene Unterkünfte unterwegs. «Mehr war bei 2970 Euro Startgebühr pro Person leider nicht drin», betonte der deutsche Organisator Ingo Schulze. Auf ihrer mehr als zweimonatigen Tour liefen die Extremsportler durch Portugal, Spanien, Frankreich, Belgien, Deutschland, Polen, Weißrussland bis zur russischen Hauptstadt Moskau. Auf jeder der 64 Etappen musste im Schnitt 80 Kilometer gelaufen werden, manche Sportler waren Tag für Tag bis zu zwölf Stunden auf den Beinen.

Der zweitplatzierte Schweizer Martin Wagen war selbst nach 5000 Kilometern kaum zu stoppen. «Ich könnte noch weiterlaufen», freute sich der Eidgenosse. Dritter in der Gesamtwertung wurde der Solinger Wolfgang Schwerk.

Unter den zehn erfolgreichen Deutschen bewältigte Manfred Leismann aus Leichlingen (NRW) als Ältester die Strapazen. «Für die Bewältigung eines Lebensziels war mir kein Aufwand zu groß», sagte der 56-Jährige in Moskau. Zudem schafften es die Deutschen Karl Graf (Goch-Pfalzdorf/Niederrhein), Hans-Jürgen Schlotter (Horb-Bittelbronn bei Karlsruhe), Joachim Hauser (Endingen am Kaiserstuhl), Werner Alfred Selch (Amberg/Oberpfalz), Franz Häusler (Pfullendorf/Bodensee), Günther Böhnke (Hofheim am Taunus) sowie Stefan Schlett (Kleinostheim/Untermain).

Neben den Deutschen kamen auch fünf Japaner (darunter die einzige Frau im Finale) sowie jeweils ein Sportler aus Italien, den Niederlanden, Slowenien, Frankreich, Finnland und der Schweiz in Moskau an. Außerdem bewältigte der französische Rollstuhlfahrer Bernard Grojean die Extremstrecke.

Von den Schönheiten der Landschaft unterwegs bekamen die Läufer nur wenig mit. «Bei mir stand das Laufen absolut im Vordergrund», betonte Robert Wimmer. Am besten habe es ihm in Polen gefallen. «Das war wirklich vorbildlich», lobte der Sieger des Transeuropa-Laufs. Dabei bereitete ausgerechnet polnisches Leitungswasser einigen Läufern ernste Magen- und Darmprobleme.

Für den 38-jährigen Joachim Hauser bedeuten die bewältigten 5000 Kilometer eine riesige Selbstbestätigung. «Zu Hause hatten mich viele für einen Irren gehalten, doch jetzt dürfte ihnen das Lachen vergangen sein.» Der Fließbandarbeiter hatte daheim Hunderte von Überstunden abgeleistet, um die mehr als zwei Monate Urlaub zu bekommen. Trainiert habe er morgens früh um vier Uhr vor der Arbeit.

Nicht das Laufen selbst sei in den mehr als zwei Monaten unterwegs das größte Problem gewesen. «Der Stress begann immer erst abends, wenn man sich Essen organisieren musste, sein Lager aufschlug und sich um seine Blessuren kümmerte», sagte Hauser, der im Gegensatz zu anderen ohne einen Helfer die Tour absolvierte. Für alle Läufer waren die mehr als zwei Monate eine beinahe endlose Strapaze. «Spaß hat das Ganze nicht gemacht», lautete Hausers Fazit.