Verbraucher Verbraucher: Frust an der Zapfsäule
HALLE/MZ. - Die Pendlerin
Wenn Sandra Heindorf morgens an ihrer Stammtankstelle vorbeifährt, dann bekommt sie neuerdings regelmäßig einen Schreck - sobald der Blick auf die Leuchtanzeige mit den Preisen fällt. Für sie als Pendlerin machen sich die in den vergangenen Tagen immens gestiegenen Spritpreise besonders deutlich im Portemonnaie bemerkbar. "Das ist ein Ärgernis - zumal man nicht durchschauen kann, warum sie jetzt explodieren", sagt die 26-jährige Sozialpädagogin, die etwa 50 Kilometer von Halle nach Dessau zu ihrer Arbeitsstelle fährt. Um Kosten zu sparen, behält sie nicht nur die Preise im Blick - sie bietet im Internet auch eine Mitfahrgelegenheit für andere Pendler nach Dessau an.
Der Taxiunternehmer
Auch Mario Heinrich ist jeden Tag auf das Auto angewiesen - genauer gesagt: auf sechs. Der Mann aus Aschersleben hat zu Beginn des Jahres dort das Taxiunternehmen seiner Eltern übernommen. Die derzeitige Preissituation sei "bitter", sagt er: "Vor drei Wochen haben wir noch Diesel für 1,09 Euro getankt - mittlerweile steht er bei 1,23 Euro." Da kann auch eine sparsame Fahrweise und das Tanken an günstigen Tagen nur wenig ausgleichen. Und so hofft Heinrich, der auch selbst Taxi fährt, auf den Tag, an dem die Preise wieder deutlich nach unten gehen. Denn so oder so: Die sechs Taxis seines Unternehmens benötigten bis zu 2 500 Liter Kraftstoff pro Monat.
Die Tankstellenbetreiber
Bei den Tankstellenbetreibern ist der Frust ebenfalls groß. Bei ihnen kommt der Ärger der Kraftfahrer an. Zudem lassen viele Kunden das Auto nun häufiger stehen. Doch offiziell möchte sich kaum ein Betreiber dazu äußern. Stephan Zieger, Geschäftsführer des Bundesverbandes Freier Tankstellen, sagt: "Die Kunden sind schon seit längerer Zeit sehr preisbewusst." Einen besonders starken Zulauf nach der jüngsten Preisrunde habe es an den freien Tankstellen, die oft um ein oder zwei Cent günstiger sind, daher nicht gegeben. Doch es geht nicht nur um den Sprit. Wenn weniger getankt wird, sinken auch die Einnahmen aus dem Shopgeschäft, betont der Bundesverband Tankstellen und Gewerbliche Autowäsche. Diese aber machten mittlerweile mehr als die Hälfte der Rendite der Tankstellenbetreiber aus.
Der Fahrradfahrer
René Amft aus Naumburg lassen die Diskussionen um die Spritpreise einigermaßen kalt. "Ich fahre alle Strecken im Alltag mit dem Rad", sagt er. Sein Auto benutzt er nur, wenn er in den Urlaub oder an Orte fährt, die per Rad und Bahn kaum zu erreichen sind. Und das nicht nur aus Kostengründen - sondern auch, um die Umwelt zu schonen und fit zu bleiben. "Außerdem entfällt die Parkplatzsuche", so der Student, der auch zur Uni nach Jena den Zug nimmt und per Rad weiterfährt. "Viele Autofahrer beklagen zwar die hohen Spritpreise, doch ein Umdenken findet viel zu wenig statt", sagt er. Besonders in der Innenstadt könnten viele Autofahrten vermieden werden, so der überzeugte Radfahrer, der Vorsitzender der ADFC-Ortsgruppe Naumburg ist.
Der Forscher
Woran sparen die Verbraucher, wenn sie weniger Geld zur Verfügung haben? Verzichten sie häufiger einmal auf eine Autofahrt? Ronald Frank von der Gesellschaft für Konsumforschung, der die gerade veröffentlichte Studie "Sparen im Alltag in Europa" betreut, bei der mehr als 10 000 Menschen befragt wurden, findet dieses Ergebnis bemerkenswert: "Nur rund ein Fünftel der Deutschen würde weniger mit dem Auto fahren, um zu sparen." Frauen, die ohnehin als sparfreudiger gelten, seien dazu eher bereit als Männer. Und ältere Menschen eher als Jüngere. Wohl, weil Letztere für Ausbildung und Beruf häufiger auf das Auto angewiesen sind. "Die Deutschen haben ein sehr emotionales Verhältnis zum Auto", so Frank. Auch deshalb werde eben trotz hoher Spritpreise weitergetankt und -gefahren.
Der Oldtimer-Fan
Dass Arndt Konopka aus Ramsin (Kreis Anhalt-Bitterfeld) ein emotionales Verhältnis zu seinem P3, einem DDR-Militärjeep Baujahr 1963, hat, würde wohl niemand bestreiten. Am wenigsten er selbst: "Das Auto kommt gleich nach meiner Frau", lacht er. Seit 1998 hegt und pflegt er den Oldtimer - und liebt es, damit eine Spritztour zu machen. Doch einfach mal rausfahren, wie er es vor wenigen Jahren praktisch jedes Wochenende getan hat, ist heute nicht mehr drin. "Bei den derzeitigen Benzinpreisen geht das finanziell einfach nicht", sagt der 57-Jährige, der auch Vorsitzender der Oldtimergemeinschaft Wolfen ist. Sein Jeep verbraucht 25 Liter pro 100 Kilometer.
Auch die Treffen von Oldtimer-Fans können er und seine Vereinsfreunde mittlerweile nicht mehr regelmäßig besuchen. "Zu Veranstaltungen, die mehr als 100 Kilometer entfernt sind, fahren wir nicht mehr", so Arndt Konopka.