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Pflanzengenetik Wissenschaftler in Gatersleben entschlüsseln den Prozess der Zellteilung

Mithilfe einer Modellierung konnte Amanda Câmara nachweisen, dass ein sogenannter SMC-Proteinkomplex eine entscheidende Rolle spielt.

18.08.2021, 10:00
Prof. Dr. Andreas Graner vom Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) Gatersleben kontrolliert in einem Kühlhaus des Institutes Gläser mit Getreide
Prof. Dr. Andreas Graner vom Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) Gatersleben kontrolliert in einem Kühlhaus des Institutes Gläser mit Getreide (Foto: dpa)

Gatersleben/MZ - Den Forschern des Gaterslebener Leibniz-Institutes für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) ist ein neuer Coup gelungen: Sie haben ein weiteres Geheimnis der Funktion von Chromosomen-Bausteinen enthüllt.

Typisch für die Chromosomen der meisten Tiere und Pflanzen sind Monozentromere. Das Zentromer ist für den Transport der Chromosomen notwendig und stellt die Verbindungsstelle zwischen den Chromatiden dar. So entsteht die klassische X-Form des Chromosoms.

Bei geschätzt 350.000 Arten, darunter Schmetterlinge, Fadenwürmer und einige Pflanzen, sind die Zentromere aber über die gesamte Länge des Chromosoms verteilt. Aus dem Grund werden sie als Holozentromere bezeichnet. Ein IPK-Forschungsteam hat jetzt mittels Modellierung untersucht, wie sich im Zuge der Zellteilung bei diesen Arten das Zentromer dynamisch verändert. Die Ergebnisse wurden nun im Magazin Nucleic Acids Research veröffentlicht.

Holozentrische Pflanzenarten wie Cyperus papyrus haben schon bei den alten Ägyptern eine große Bedeutung gehabt. „Aus dieser Faserpflanze wurde damals eines der ersten Papiere hergestellt“, sagt Andreas Houben, Leiter der Arbeitsgruppe Chromosomenstruktur und -funktion.

Was all diese Arten gemeinsam haben, ist ein evolutionärer Vorteil. Bricht ein Stück des Chromosoms durch Mutagenese ab, geht das entsprechende Fragment bei monozentrischen Arten verloren. „Das passiert bei holozentrischen Arten nicht, denn dort erstreckt sich das Zentromer über das gesamte Chromosom“, erklärt der IPK-Wissenschaftler.

Das Forschungsteam wollte nun aber wissen, wie der Prozess der Zellteilung bei diesen Arten abläuft. Zunächst docken die Spindelfasern am Zentromer an und ziehen dann die beiden Chromatiden auseinander. „Das funktioniert so wie bei einem Gummiband“, erläutert Andreas Houben. In der sogenannten Interphase fällt das Holozentromer auseinander, und es bilden sich unzählige Einheiten, die gleichmäßig im Zellkern verteilt sind und am Ende wieder ein linienförmiges Zentromer bilden.

Mithilfe einer Modellierung konnte die IPK-Nachwuchswissenschafterin Amanda Câmara nachweisen, dass in diesem Prozess ein sogenannter SMC-Proteinkomplex eine entscheidende Rolle spielt.

„Wenn der Proteinkomplex in die Nähe einer zentromerischen Einheit kommt, wird er auf dem Chromatinfaden fixiert“, erklärt Câmara. In der Folge bilden sich Schleifen, aus denen letztlich das neue Holozentromer entsteht. „Damit ist der SMC-Komplex ganz essenziell für die Dynamik von Holozentromeren. Diese durch die Modellierung entdeckte mögliche Funktion des SMC war bisher nicht bekannt“, so die Forscherin.