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Schlammbad für „Rammstein“ Metal-Fans aus Alsleben lieben das etwas andere Camping

Für sie geht es nur mit Gummistiefeln auf den Zeltplatz des Musikfestivals in Wacken.

Von Katharina Thormann 04.09.2021, 12:00
Die Heavy-Metal-Fans aus Alsleben genießen ihre Campingtrips auf Festivals in Wacken und  Ballenstedt.
Die Heavy-Metal-Fans aus Alsleben genießen ihre Campingtrips auf Festivals in Wacken und Ballenstedt. Fotos: S. Schinke

Alsleben/Wacken/MZ - Man nehme ein paar Gummistiefel, die massive Terror(Musik)-Box mit Monsterkopf und einen Kofferraum voll Bier. Damit sind Alslebens Heavy-Metal-Fans schon fast ausgestattet für einen Zeltausflug der besonderen Art.

Wenn nicht gerade das Coronavirus alle Pläne durchkreuzt, peilt der Trupp in jedem zweiten Sommer ein kleines, 399 Kilometer entferntes Dörfchen mitten in Schleswig Holstein für seinen Campingtrip an. Dort treffen die Alslebener nicht nur auf tausende Gleichgesinnte, sondern auf jede Menge Stars wie die Band „Rammstein“ oder Alice Cooper, die die Besucher zum Musikfestival in Wacken zur Schlammschlacht mit harten Tönen empfangen.

„Wenn wir dorthin fahren, schraubt man seine Ansprüche automatisch runter“

„Wenn wir dorthin fahren, schraubt man seine Ansprüche automatisch runter“, sagt Sarah Schinke, die das erste Mal 2004 bei einem Festival campte. Sie hat kein Problem damit, sich ein paar Tage von Soljanka aus der Dose und Rührei und Speck vom Campingkocher zu ernähren und mitten durch den Matsch zu waten anstatt durch eine feinsandige Düne am Meer. Dafür gibt es für die Extremcamper, die in ihren Zelten oder auf den Matratzen in ihren Fahrzeugen nur ein paar Stunden Schlaf abbekommen, neben den vielen Bands immer reichlich Aktion zu erleben. Und das endete des Öfteren auch schon im Krankenhaus.

Die Camper aus Alsleben schlafen unter anderem in diesen Autozelten.
Die Camper aus Alsleben schlafen unter anderem in diesen Autozelten.
Foto: Littig

„Einer von uns hatte sich mal unterkühlt, als er beim Nachhauseweg zu unserem Camp in einem Traktor eingeschlafen ist“, erzählt die 33-Jährige. Für einen anderen war das Festival schon zu Ende, noch bevor der Applaus für die Bands des ersten Abends verhallt war. „Er zog sich bei einem Sturz einen komplizierten Bruch zu und musste in der Klinik in Itzehoe operiert werden“, erinnert sich Sarah Schinke, die sich Sorgen gemacht hatte, weil er über Nacht nicht mehr im Camp der Alslebener aufgetaucht war. Stattdessen aber etwas später seine Partnerin anrief und die Camper bat, die Tasche mit den Sachen ins Krankenhaus zu bringen.

Beim Auftritt von ?Freedom Call? zeigten die Alslebener Plakate in die Höhe.
Beim Auftritt von ?Freedom Call? zeigten die Alslebener Plakate in die Höhe.
Foto: Littig

Inzwischen reisen die Metal-Camper aber auch zum Rockharzfestival nach Ballenstedt, quasi gleich um die Ecke. Auch dort haben sie schon alle Blicke auf sich gezogen. Zum Beispiel, als sie beim Auftritt der Band „Freedom Call“, bei der der Cörmigker Lars Rettkowitz mitspielt, Pappschilder Richtung Bühne hielten mit der Aufschrift: „Lars, wir wollen Kinder von dir!“. „Das war für Lars natürlich peinlich“, erzählt Sarah Schinke, die es mit der Peinlichkeit wie alle anderen nicht so genau nimmt. Darum ruft die Metal-Truppe während der Festivals auch immer mal wieder die Hosenpflicht auf. Bedeutet, dass bei allen Campern die Hosen fallen. Das sei ja nur gerecht für Mann und Frau. Anders als bei oben ohne.

Das Ende vieler Paar Schuhe ist beim Wacken-Festival besiegelt.
Das Ende vieler Paar Schuhe ist beim Wacken-Festival besiegelt.
Littig

Seltsam dürfte der Anblick aber für einen jungen Mann gewesen sein, der im vergangenen Sommer beim privaten Festival der Rockfans an der Festbühne in Alsleben aufgetaucht war. „Weil die Festivals wegen der Pandemie ausgefallen sind, haben wir unter Auflagen dieses und voriges Jahr unser eigenes kleines Festival an der Saale veranstaltet“, erzählt Sarah Schinke. Alex - so hieß der junge Mann - habe eigentlich seine Freundin vom Abschlussball abholen wollen. Als er Musik hörte, dachte er richtig zu sein. Doch anstatt seiner Liebsten in die Arme zu fallen, musste auch er seine Hose herunterlassen und ein gekühltes Bier genießen, während sein Handyakku auflud, um die Freundin wieder erreichen zu können.

„Leider wissen wir seinen Nachnamen nicht mehr. Vielleicht erkennt er sich aber auf diesem Weg wieder. Denn wir würden uns freuen, wenn er das nächste Mal auf ein Getränk vorbeikommt“, sagt die ehemalige Alslebenerin, die inzwischen in Gifhorn lebt, verheiratet ist und als Ingenieurin arbeitet. Aber an ein, zwei Wochenenden im Jahr, wenn es sie nach Ballenstedt und Wacken zieht, zählt das nicht. Dann reichen für ein paar Tage die Gummistiefel und das gute Gefühl, mit Freunden ein neues Campingabenteuer zu erleben.