Debatte um Migration und Abschiebung Kommentar zur „Stadtbild“-Debatte: Riskante Bauchgefühl-Politik des Kanzlers
Die unpräzisen Aussagen zum „Stadtbild“ in der Migrationsdebatte könnten Kanzler Merz noch auf die Füße fallen, kommentiert MZ-Redakteur Jan Schumann.

Magdeburg/MZ - Eins ist sicher. Kanzler Friedrich Merz hat mit seiner Aussage zum „Stadtbild“ einen Nerv getroffen. Jeder in Deutschland hat dazu eine Meinung, nun hat sogar Sachsen-Anhalts Landtag darüber debattiert. Es geht um diese Merz-Aussage über frühere Fehler der deutschen Migrationspolitik: „Wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem“, glaubt der Kanzler. Seine Lösung: mehr Abschiebungen.
Problematisch an der Aussage ist das Unpräzise. Was oder wen genau meint er? Man ahnt, dass Merz vollziehbar ausreisepflichtige Migranten meint – nur sie kommen juristisch für Abschiebungen infrage.
Warum drückt sich Merz so unpräzise aus?
Doch warum argumentiert der Kanzler dann so ungenau mit dem „Stadtbild“? Auch Merz weiß: Rein optisch sind Ausreisepflichtige auf der Straße nicht zu erkennen, weil niemand seinen Bleibestatus vor sich herträgt. Rein optisch sind nicht einmal Deutsche und Ausländer voneinander zu unterscheiden – die Staatsangehörigkeit wird durch den Pass bestimmt, nicht durch die Hautfarbe.
Merz hat insofern Recht, dass die Republik ihre eigenen Regeln durchsetzen muss – wer im Asylverfahren abgelehnt wird, muss auch abgeschoben werden. Doch statt sich präzise auszudrücken spricht Merz mit seinem „Stadtbild“-Satz vor allem das Bauchgefühl vieler Menschen an. In diese Aussage kann jeder etwas anderes hineinprojizieren.
Merz darf sich nicht wundern, wenn ihm jetzt auch Rassisten Recht geben
Merz darf sich jedenfalls nicht wundern, wenn auch Rassisten ihm nun Recht geben, die einfach grundsätzlich etwas gegen Ausländer haben – egal, ob es um fest integrierte Fachkräfte oder Asylbewerber geht.
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Ein weiteres Problem ist, dass Merz auf diese Weise seine eigene Politik torpediert. Denn eigentlich gibt es aus CDU-Sicht vorzeigbare Ergebnisse in der Migrationspolitik. Die Abschiebezahlen steigen, es gibt weniger Asylanträge. Doch Merz hat mit seiner Bauchgefühl-Aussage jetzt das „Stadtbild“ zum Maßstab seines Erfolgs gemacht. So weckt er Erwartungen, die er nicht erfüllen kann.