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Industrie soll grüner werden Haseloff will krisensichere Branchen stärken

Aktualisiert: 18.4.2021, 20:30

Halle (Saale) - Sachsen-Anhalts Industrie soll nach Ansicht von Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) robuster und ökologischer werden. „Mit unserem Mix aus einigen großen und vielen kleinen Industriefirmen kommen wir bisher ganz gut durch die Pandemie“, sagte Haseloff der MZ. Künftig gelte es vor allem, die Potenziale von vergleichsweise krisensicheren Branchen wie der Chemie, der Ernährungswirtschaft und der Energiebranche gezielt auszubauen.

In der Chemie- und Energiebranche sollen demnach in den kommenden Jahren die etablierten Standorte Bitterfeld-Wolfen, Schkopau, Leuna und Zeitz mit Ansiedlungen gestärkt werden. „Wir haben gute Chancen, dass die Produkte, die für eine klimaschonende Wirtschaft nötig sind, in Sachsen-Anhalt produziert werden“, so Haseloff.

Linde und UPM investieren in Leuna

So errichtet der finnische Konzern UPM derzeit im Chemiepark Leuna Europas größte Bioraffinerie, in der aus Holz chemische Grundstoffe hergestellt werden. „Durch UPM werden sich weitere Firmen am Standort ansiedeln“, sagt Christof Günther, Chef der Chemieparkgesellschaft Infra-Leuna. Es gebe konkrete Absichten. Für neue Großansiedlungen müssten jedoch weitere Flächen außerhalb des Chemieparks erschlossen werden. „Da kann uns das Land unterstützen“, so Günther.

Ebenfalls in Leuna baut aktuell der Gase-Hersteller Linde für 60 Millionen Euro die weltgrößte Anlage zur Produktion von grünem Wasserstoff. Dafür wird Ökostrom genutzt. Für Haseloff ist Wasserstoff einer der Energieträger der Zukunft, der als Rohstoff in der Chemie, als Kraftstoff und zur Wärmeversorgung genutzt werden kann. Die derzeit größte industrielle Einzelinvestition in Sachsen-Anhalt hat auch einen ökologischen Hintergrund.

Das Unternehmen Farasis will für 600 Millionen Euro in Bitterfeld-Wolfen eine Batteriefabrik errichten, die Akkus für Elektrofahrzeuge unter anderem für Mercedes herstellen soll. „Wir brauchen aber verlässliche politische Rahmenbedingungen für Investitionen in die kohlenstoffarmen Technologien von morgen, wie Wasserstoff, alternative Rohstoffe und Kunststoff-Recycling“, sagt Dow-Deutschlandchef Ralf Brinkmann. Dazu gehöre eine „zuverlässige und wettbewerbsfähige Versorgung mit grünem Strom, der in großen Mengen verfügbar sein muss.“ Dow betreibt in Schkopau ein großes Werk.

Die neue Entwicklung birgt aber auch Risiken. Wegen der Elektromobilität wird der Kraftstoffverbrauch sinken, was die Total-Raffinerie in Leuna trifft. Die Kunststoffproduktion wandert aufgrund hoher Energiepreise in den Nahen Osten und Asien ab.

Die Zeit der Großansiedlungen ist vorbei

Wirtschaftsforscher Joachim Ragnitz

Der Wirtschaftsforscher Joachim Ragnitz vom Ifo-Institut in Dresden empfiehlt, vor allem Forschung und Innovationen zu fördern. „Die Zeit der Großansiedlungen ist vorbei, es gelte vor allem junge, innovative Firmen zu unterstützen“, sagt Ragnitz. Aufgrund der niedrigen Zinsen bräuchten etablierte Konzerne kaum noch staatliche Finanzhilfen. „Start-ups aus allen Branchen sind aber auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Sie weisen dafür zumeist eine hohe Produktivität auf und schaffen gut bezahlte Arbeitsplätze“, so Ragnitz.

Der Wirtschaftseinbruch im Pandemie-Jahr 2020 fiel in Sachsen-Anhalt nicht so stark aus wie in anderen Bundesländern. Das Bruttoinlandsprodukt sank um 3,9?Prozent - gegenüber 4,9 Prozent bundesweit. Die wichtige Ernährungsindustrie kommt gut durch die Krise, da sie vor allem den Einzelhandel in Deutschland beliefert. Auch die Chemie erweist sich als robust, da ihre Produkte in viele Branchen im In- und Ausland geliefert werden. (mz)