Mit 16 am Gewehr Schützentag in Wernigerode: Mangelsdorf will Jugendschützenkönig 2019 werden

Löbejün / Halle (Saale) - Der erste Schuss segelt am Ziel vorbei. Nicht ganz vorbei natürlich. Tim Alexander Mangelsdorf trifft immerhin noch den Sieben-Punkte-Ring. Doch für einen Sportschützen ist das schon am Ziel vorbei. Der Jugendliche schaut genervt.
Dann, nach einigen Sekunden Auszeit, setzt er wieder an. Seine Bewegung ist eingeübt. Das 2 800 Euro teure Luftgewehr leicht anheben, zur Scheibe drehen und dann: Ruhe bewahren, den Körper ins Gleichgewicht bringen. Mangelsdorf muss die eigene Mitte finden, um die Mitte der Scheibe zu treffen. Genau darum geht es jetzt.
Das Zielschießen findet in einem Flachbau am nördlichen Stadtrand von Halle statt. Der Schießstand gehört zum Trainingsgelände der traditionsreichen Giebichensteiner Schützengilde. Tim Alexander Mangelsdorf absolviert hier gerade eine der letzten Übungseinheiten vor seinem großen Auftritt. Anfang des Jahres wurde der 16-Jährige aus Löbejün (Saalekreis) Landesjugendschützenkönig. Nun vertritt er Sachsen-Anhalt beim Deutschen Schützentag. Und der findet ab Donnerstag in Wernigerode (Harz) statt.
Sachsen-Anhalts bester Nachwuchsschütze: „Keine Lust mehr auf Fußball“
Ein Heimspiel also, was es für Tim aber nicht weniger aufregend macht. „Nervös bin ich schon“, sagt der junge Mann mit den roten Wangen. Deutsche Meisterschaften habe er schon mitgemacht. „Aber bei einem Bundesschießen war ich noch nicht dabei.“
Zum sportlichen Scheibentreffen kam Mangelsdorf 2016. „Ich hatte keine Lust mehr auf Fußball, und ein Freund hat mich dann hierher mitgenommen“, erzählt er. Ihm gefiel der Sport auf Anhieb, obwohl Klassenkameraden nicht viel davon halten. „Die sagen immer, dass es ja langweilig ist, nur auf Scheiben zu schießen.“
Mangelsdorf allerdings findet gerade die absolute Fixierung auf ein Ziel herausfordernd. Das habe ihm auch in der Schule schon geholfen. „Ich kann mich im Unterricht besser konzentrieren und Dinge um mich herum ausblenden“, sagt der Zehntklässler. Gerade ist er in den Abschlussprüfungen. Nach der Schule will Mangelsdorf Erzieher werden.
Schützentag in Wernigerode: Volle Konzentration und eine ruhige Hand
Am Schießstand in Halle läuft es für die ruhigste Hand des Landes auch nach den ersten Schüssen eher mittelprächtig. Viele Achten und Neunen. Auch einmal eine Zehn - die 10,9 allerdings, die Höchstpunktzahl, ist noch nicht dabei.
Zum zweiten Mal gastiert der Deutsche Schützentag in Sachsen-Anhalt. Nach Magdeburg 1997 ist nun Wernigerode Austragungsort. Tausende Teilnehmer werden von Donnerstag an bis Samstag erwartet.
Die Schirmherrschaft hat Ministerpräsident Reiner Haseloff übernommen. Auch Innenminister Holger Stahlknecht (beide CDU) sowie der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, Alfons Hörmann, wollen in den Harz kommen. „Wir möchten beim Schützentag zeigen, was Sachsen-Anhalt kann und das Land präsentieren“, sagt Landeschützenpräsident Eduard Korzenek
Zu den Höhepunkten der Festtage gehört am Freitagabend der Große Zapfenstreich auf dem Marktplatz in Wernigerode.
Am Samstagvormittag findet dann das Bundeskönigsschießen statt. Ab 14.30 Uhr folgt der große Umzug durch Wernigerode, an dem etwa 2 500 Schützen aus ganz Deutschland teilnehmen werden.
Am Abend wird der Bundesschützenball mit Verkündung der Schützenkönige begangen und gegen Mitternacht erhellt schließlich ein Höhenfeuerwerk den Himmel über Wernigerode.
Mehr Informationen unter: www.deutscher-schuetzentag-2019.de
„Stehe ich eigentlich richtig zur Scheibe“, fragt Mangelsdorf. Er dreht sich dabei zu Manfred Schumann. Der ist Sachsen-Anhalts Landestrainer Gewehr, Mangelsdorf sein Schützling. Schumann prüft mit kritischem Blick. „Etwas weiter links“, sagt er dann. Der Nachwuchsschütze verändert seine Position. In seiner Sportkleidung kann er sich kaum bewegen. Sie ist aus festem Doppelleinenstoff - wie ein Ganzkörperkorsett. „Das soll die gröbsten Wackler unmöglich machen“, erklärt Schumann.
Schützentag in Wernigerode: Der eine Treffer zählt
Der Trainer ist zufrieden mit Mangelsdorfs Entwicklung. Nach drei Jahren schon beim Bundesjugendkönigsschießen dabei zu sein, ist eine ordentliche Leistung: „Bei Talenten geht es oft schnell mit den Erfolgen“, sagt Schumann. Aber Vorgaben für den Wettstreit am Samstagvormittag macht er seinem Schüler keine.
„Bei diesem Wettbewerb wird nicht zusammengezählt, es kommt auf einen einzigen Treffer an, der ins Schwarze muss.“ Dabei wird der genaue Abstand zum Zentrum gemessen. Da komme es dann auf Tausendstel Millimeter an. „Die Platzierung von Tim ist egal“, sagt Schumann und schränkt dann doch etwas ein: „Nur letzter sollte er nicht unbedingt werden.“
Dass diese Befürchtung unbegründet ist, zeigt Tim Alexander Mangelsdorf dann zum Schluss des Trainings. Sein Bleigeschoss saust mit 600 Kilometern pro Stunde genau in die Scheibenmitte: 10,9 - ein Volltreffer, der ihn beim Bundeswettbewerb zum König machen könnte. (mz)