Riesige Rettungsaktion in RöglitzRettungsaktion in Röglitz: Berg droht abzurutschen - jetzt rücken die Bagger an

Röglitz - Die Lage auf einer Endmoräne bot dem kleinen Dörfchen Röglitz einst einen enormen wirtschaftlichen Vorteil: Vor mehreren hundert Jahren fingen die Bauern an, den Hang in Südlage mit Rebstöcken zu bepflanzen und den bis dahin unscheinbaren Ort zu einem bedeutenden Weindorf zu machen, das unter anderem für das Kloster in Merseburg zu einer wichtigen Bezugsquelle wurde.
Fast 76.000 Liter des edlen Tropfens brachte eines der besten Erntejahre auf dem Röglitzer Weinberg ein. Viele Jahre war Ruhe, im vergangenen Sommer wurde die Tradition wiederbelebt. Die Freude auf dem Berg war groß.
Idylle in Röglitz trügt: Berghang meterweise abgerutscht
Doch die Idylle des Bergs trügt. Denn der Hang, an dem nun die ersten Rebstöcke wieder in die Höhe schießen, befindet sich seit mehreren Jahren in Bewegung. Auf einer Länge von rund 30 Metern ist der Renzberg, ein Lockergesteinshang, zum Teil über zehn Meter tief abgerutscht. „Viele Bäume wurden durch die Senkung unterhöhlt, standen plötzlich schief“, erklärt der Bürgermeister des Schkopauer Ortsteils, Andreas Gasch (CDU).
Bei den Bewohnern des Hangs, deren Grundstücke keine 50 Meter von der Abbruchstelle entfernt liegen, wuchs die Angst, dass der Hang irgendwann komplett wegsackt und sie mit in die Tiefe reißt. Nun können sie endlich aufatmen: An dem Hang hat eine riesige Rettungsaktion begonnen.
Rettungsaktion in Röglitz: Schwere Bautechnik soll Berg stabilisieren
„Wir haben viele Jahre dafür gekämpft und hart darum gerungen“, zeigt sich auch Andreas Gasch erleichtert. Er führt zum Hang, der auch ihm große Sorgen bereitete. Wo einst ein kleiner Weg vom Oberdorf zu den weiter unten gelegenen Häusern entlangführte, haben schwere Baumaschinen eine mehrere Meter breite Schneise geschlagen.
Direkt am Hang wurden dicke Stahlträger in den Boden gerammt und Bretter eingezogen, um das nachrutschende Erdreich zurückzuhalten und Baufreiheit zu schaffen. Vor der Wand fährt ein Bagger auf und ab. Er legt eine tiefe Furche an. Sie zeigt schon jetzt ungefähr an, wo nach Abschluss der Arbeiten die gut drei Meter hohe Gabionenwand verlaufen wird. „Der Zwischenraum zwischen Hang und Gabionenwand wird verfüllt, so dass das Bauwerk dann genügend Stabilität bietet“, so Gasch.
Warum die Arbeiten an dem Hang eine Herausforderung sind
Die Arbeiten an dem Hang sind auch für die erfahrene Fachfirma, die auch viel im Deichbau unterwegs ist, eine wahre Herausforderung: Denn aus dem Berg läuft unentwegt Wasser. So richtig erklären kann sich dieses Phänomen niemand. Ist es einfach nur Grundwasser - oder wurden durch die Hangrutschungen womöglich Leitungen im Erdreich beschädigt, die nun undicht sind?
Aufgrund der hohen Feuchtigkeit ist es auch für die Baufahrzeuge zum Teil schwierig, die Arbeiten zu verrichten. „Ein tonnenschwerer Kettenbagger ist beinahe im Schlamm versunken“, berichtet Andreas Gasch und zeigt noch auf eine tiefe Spur, die das Fahrzeug am Berg hinterlassen hat.
Der Berg beschäftigt Experten seit Jahren
Die Sicherung der Hochterrasse, die im Pleistozän entstanden ist, beschäftigt Experten und Gemeinde seit mehreren Jahren. Im Hang stieß man auf Geschiebemergel, ein Gletschersediment, das die Instabilität womöglich beförderte. Für die Untersuchung des Bereichs nahmen die Experten 78 Bohrungen vor, zum Teil bis zu einer Tiefe von zehn Metern. Noch im Jahr 2013 empfahl ein Gutachten - analog zu Hochgebirgen - ein mehrere hundert Quadratmeter großes Stahlnetz über den Hang zu werfen. „Da keine Gesteine im Hang gefunden wurden, war dieser Plan verworfen worden“, erklärt Gasch.
Insgesamt wird die Sicherung mehr als 600.000 Euro kosten. Zu großen Teilen sind Planung und Ausführung fördermittelfinanziert. Laut Angaben der Gemeinde stammt das Geld aus einem Topf der Landesanstalt für Altlastenfreistellung. Bereits im kommenden Monat sollen die Bauarbeiten abgeschlossen sein. Auch der Gehweg soll wieder hergerichtet werden - und dann durch ein wirkliches Idyll führen. (mz)

