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Wittenberg gegen Vatikan Wittenberg gegen Vatikan: Luther-Hype auf dem Rasen

Von Michael Hübner 16.06.2017, 19:10
Seit April trainierte das Wittenberger Benefizteam im Wittenberger Volkspark.
Seit April trainierte das Wittenberger Benefizteam im Wittenberger Volkspark. Thomas Klitzsch

Wittenberg - Der Schlachtruf wird gleich mehrfach trainiert. „Martin“ ruft der Leader, und 18 Männerkehlen brüllen „Luther“. Den Fernsehleuten ist das noch viel zu leise. Sie fordern für den guten Ton eine Wiederholung. Beim Abschlusstraining des Wittenberger Benefizteams für die Partie am Sonnabend ab 17 Uhr im Arthur-Lambert-Stadion gegen die Nationalelf vom Vatikan hat der MDR immer wieder Interviewwünsche.

„Wir wollen mindestens 1:0 siegen“, sagt Kapitän Daniel Pflug. Das sei die Revanche fürs Hinspiel in Rom. Trainer Karl-Heinz Röthel tritt da eher auf die Euphoriebremse und warnt. Der Vatikan stelle eine deutlich jüngere Elf. „Ich will jedes Spiel gewinnen“, erklärt schon mal Röthels Partner an der Seitenlinie Eduard Geyer. „Ich muss mal schauen, wo ich noch ein paar Autogrammkarten habe“, sagt er und will Zuschauerwünsche erfüllen.

Seine Kicker dagegen haben vor der Trainerlegende ein bisschen Bammel. Ein Spieler nennt seinen Coach vor den Kameras - und das wird auch noch gesendet - „einen Choleriker“. Darf ein „heiliger Fußballvater“ - O-Ton MDR - so genannt werden?

Das birgt Zündstoff. „Und das stimmt gar nicht“, sagt Alrik Luther. Er habe Geyer schon bei zwei Spielen erlebt. „Es gab nichts zu beanstanden“, sagt der Hallenser, der am Sonnabend die Partie leitet. „Ich kann ein paar Brocken Italienisch, ansonsten muss es mit Englisch gehen“, so der Mann zur Verständigung mit den Gästen.

Der Vatikan gehört weder FIFA noch UEFA an, beteiligt sich auch nicht an Qualifikationen für WM und EM. Ihre Heimspiele trägt die Mannschaft außerhalb des Vatikans im römischen Vorort Albano Laziale aus. Ins „Stadio Pio XII“ passen 1.500 Zuschauer. Zeitweise wurde die Auswahl von Giovanni Trapattoni trainiert.  

Unterstützt wird er an der Linie von seinem Bruder Fabian und von Katharina - nicht Bora, sondern Kruse. Zwischen dem Chef und der Assistentin läuft aber nichts. Er werde allerdings auf sie hören und ihre Signale befolgen - selbst bei heiklen Szenen im Strafraum.

„Dass Spielleiter vor dem Match vereinbaren, dass er nur allein über Elfer entscheidet, ist veraltet“, so Luther. Eine skandalträchtige Heirat - so wie im 16. Jahrhundert - mit Katharina ist nicht in Sicht. „Ich bin liiert“, so der 37-Jährige. Auch einen gemeinsamen Auftritt bei „Luthers Hochzeit“ schließt er aus. „Ich kenne die Frau gar nicht“, so Luther. Die Schiedsrichterin leitet ihre Partien sonst im Land Brandenburg.

Aber Luther würde schon sehr gern in die Rolle eines Reformators schlüpfen - zumindest in Sachen Fußball. Seine erste Amtshandlung steht schon fest: klare Regeln in Sachen Handspiel! „Das bringt uns Schiedsrichter immer wieder in Nöte“, sagt Luther, der die Ausführung eines Anstoßes dem Ehrengast aber nicht erklären muss.

„Nach vorn oder nach hinten, ist doch jetzt egal“, so Luther, der noch gar nicht weiß, wer auf seinen Pfiff hören wird: „Mir hat man gesagt, der Papst kommt.“

Nicht ganz - nach Angaben der Staatskanzlei ist Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) auf Ballhöhe. „Ich freue mich auf das Rückspiel. Nach dem ersten Spiel 2015 besucht uns nun die Fußball-Mannschaft des Vatikans und das im Reformationsjahr 2017 in Wittenberg.

Ein schönes Zeichen für Ökumene und friedliches Miteinander über Ländergrenzen hinweg. Da mache ich gern den symbolischen Anstoß und hoffe natürlich auf einen Sieg unserer Mannschaft. Auf heimischem Rasen kann das dieses Mal gelingen“, so der Politiker.

Für die sportliche Ökumene ist alles startklar, so Organisator René Stepputtis. Es gibt aber eine historische Ungenauigkeit. Die erklärte schon Bernhard Naumann - Wittenbergs Luther des 21. Jahrhunderts - dem Kulttrainer Felix Magath. Der Reformator kannte Fußball nicht und hielt ganz andere Dinge für die schönste Nebensache der Welt. (mz)